Das musst du wissen

  • In der Schweiz werden WHO-Daten verwendet, um das Wachstum der Kinder zu beurteilen – diese Daten sind aber zu ungenau.
  • Dies zeigt eine neue Studie, für die in der Schweiz 18 000 Kinder gemessen und gewogen wurden.
  • Bei der Studie kam auch heraus: Schweizer Kinder sind bis zu 4,2 Zentimeter grösser als noch vor 50 Jahren.

In der Schweiz werden zu viele Kinder als übergewichtig eingestuft. Zu diesem Schluss kommt eine neue Studie, bei der 62 Schweizer Kinderärzte rund 18 000 Kinder gewogen und gemessen haben. Die Studie ist im Fachmagazin Annals of Human Biology erschienen.

Wachstum, Gewichtszunahme und Body-Mass-Index sind zentrale Indikatoren für die Kindsgesundheit. Ärzte benutzen Wachstumskurven, um das individuelle Wachstum von Kindern und Jugendlichen zu beurteilen. Seit 2011 werden hierfür in der Schweiz WHO-Daten verwendet.

Mehr als 30 000 Datensätze

Ziel der Studie war es nun, mit aktuellen Daten das Wachstum von Kindern und Jugendlichen in der Schweiz genau abzubilden und neue, für die heutigen Kinder in der Schweiz passende Wachstumskurven zu erstellen. Nur mit solchen Normwerten kann zuverlässig normales von abnormalem und möglicherweise krankhaftem Wachstum abgegrenzt werden.

Geleitet wurde die Studie von Professor Urs Eiholzer vom Pädiatrisch-Endokrinologische Zentrum Zürich (Pezz). Zusammen mit Dutzenden Kinderärzten hat er die Daten von 18 000 Kindern, die zwischen 2017 und 2019 gemessen wurden, ausgewertet und mit aktuellen Messungen von Neugeborenen, Schularztuntersuchungen und Rekrutenmessungen zusammengeführt. Dabei kamen über 30 000 Datensätze zusammen.

Die Studienergebnisse bestätigen, dass die in der Schweiz verwendeten WHO-Daten das Wachstum der Kinder in der Schweiz nur ungenügend abbilden. So sind die Schweizer Kinder ab dem zweiten Lebensjahr, bezogen auf den Median, grösser als dies die WHO-Wachstumskurven vorgeben. Dies hat vor allem bei den Grenzwerten Folgen: «Auch die Grenzwerte für Übergewicht und Adipositas bei den WHO-Kurven stimmen nicht und sind deutlich zu niedrig», sagt Urs Eiholzer in einer Medienmitteilung. «Dies führt dazu, dass zu viele Kinder als übergewichtig oder adipös definiert werden».

Die Daten zeigen ausserdem, dass Kinder, deren Eltern aus Süd- oder Osteuropa stammen, ein 2,5-Mal höheres Risiko für Übergewicht haben als Kinder von einem oder zwei Schweizer Elternteilen.

Science-Check ✓

Studie: Contemporary height, weight and body mass index references for children aged 0 to adulthood in Switzerland compared to the Prader reference, WHO and neighbouring countriesKommentarDies ist ein Kommentar der Autorin / des AutorsDie Studie basiert auf sehr vielen Datensätzen, die zudem in der Schweiz gesammelt wurden. Sie bilden das Wachstum der Schweizer Kinder bedeutend besser ab als die WHO-Kurven.Mehr Infos zu dieser Studie...

Erwachsene sind schwerer geworden

Die neuen Wachstumskurven sind nahezu identisch mit den publizierten Wachstumskurven der Nachbarländer Deutschland, Österreich und Norditalien.

Aus den neuen Wachstumskurven lässt sich auch ablesen, wie sich das Wachstum der Schweizer Kinder über die letzten 50 Jahre verändert hat. Vergleicht man die neuen Daten mit den historischen Daten der sogenannten Prader-Wachstumskurven, die auf Schweizer Messungen der 50er- und 60er-Jahre basieren, zeigt sich, dass Kinder ab dem fünften Lebensjahr bis zum Erreichen der Erwachsenengrösse heute grösser sind als früher. Dies liegt laut Studienautoren an der früher einsetzenden Pubertät. Auch sind die Kinder schwerer: ein Junge mittlerer Grösse bringt, gemessen am Median, heute rund sechs Kilogramm mehr auf die Waage, ein Mädchen vier Kilogramm.

Die erwachsenen Schweizer und Schweizerinnen sind nur wenig grösser als vor 50 Jahren, nämlich rund ein Zentimeter. Sie sind allerdings in dieser Zeit etwas schwerer geworden.

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