Das musst du wissen

  • Blutvergiftungen werden meist sofort mit Antibiotika behandelt. Doch das fördert die Bildung resistenter Bakterien.
  • Nun arbeitet ein Start-up an einem Blutreinigungsverfahren mithilfe von winzigen Magnetkügelchen.
  • An deren spezielle Oberfläche docken die Giftstoffe an und können danach mit einem Magneten entfernt werden.

Erkrankt jemand an einer Blutvergiftung, zählt jede Sekunde. Fieberschübe schütteln den Patienten, seine Atem- und Herzfrequenz steigen. Bald darauf sackt der Blutdruck ab, die Nieren versagen, später auch die Lunge, das Herz und das Hirn. Allein in der Schweiz erkranken jährlich etwa 18’000 Menschen an einer Blutvergiftung, weltweit sind es laut der Weltgesundheitsorganisation WHO 30 Millionen Menschen. Bis zu 30 Prozent der Betroffenen sterben daran. Auslöser einer solchen Schockreaktion sind Bakterien, Viren oder Pilze – was genau, zeigt eine Laboranalyse, die jedoch bis zu zwanzig Stunden dauert. Zeit, die ein Patient nicht hat. Denn schon nach wenigen Stunden droht Lebensgefahr.

Bei einer Blutvergiftung breiten sich Bakterien (grün in der Illustration) oder andere Mikroorganismen in der gesamten Blutbahn aus.Shutterstock

Bei einer Blutvergiftung breiten sich Bakterien (grün in der Illustration) oder andere Mikroorganismen in der gesamten Blutbahn aus.

Deshalb verabreichen Ärzte in den meisten Fällen unverzüglich Antibiotika. Allerdings eliminieren diese nur Bakterien. Viren und Pilzen können sie nichts anhaben. Und: Je mehr überflüssige Antibiotika verschrieben werden, desto mehr fördert das die Bildung resistenter Bakterien. Dennoch bleibt Ärzten bisher nichts Anderes übrig, als diesen Patienten Antibiotika zu verabreichen. «Wir dürfen nicht riskieren, dass jemand stirbt, weil wir zu lange gewartet haben», sagt Andreas Widmer, Infektiologe am Universitätsspital Basel.

An einer Lösung für dieses Dilemma arbeiten Biomediziner des Start-up-Unternehmens Hemotune. Sie haben magnetische Nanoteilchen entwickelt, welche das Blut von Giftstoffen befreien sollen. Solche Giftstoffe entstehen, weil bei einer Blutvergiftung das Immunsystem überreagiert.

Klinische Studien erst geplant

Das Prinzip der neuartigen Blutwäsche: Ausserhalb des Körpers strömt das vergiftete Blut durch eine Maschine mit zwei Kammern. In der ersten Kammer befinden sich die besagten magnetischen Teilchen. Sie sind nur dreissig Nanometer klein – ein Nanometer ist ein Millionstel Millimeter – und mit einer speziellen Kohlenstoffbeschichtung ummantelt. Daran docken die Giftstoffe an. In der zweiten Kammer zieht ein Magnet die Nanokügelchen wieder aus dem Blut heraus, und damit auch die Giftstoffe.

So soll die neue Blutwäsche einmal funktionieren: In einem Kreislauf ausserhalb des Körpers docken die Giftstoffe in einer ersten Kammer an die magnetischen Nanoteilchen an. In einer zweiten Kammer fischt ein Magnet diese samt den Giftstoffen wieder heraus.hemotune

So soll die neue Blutwäsche einmal funktionieren: In einem Kreislauf ausserhalb des Körpers docken die Giftstoffe in einer ersten Kammer an die magnetischen Nanoteilchen an. In einer zweiten Kammer fischt ein Magnet diese samt den Giftstoffen wieder heraus.

Zumindest in Experimenten mit Mäusen hat das Verfahren funktioniert: Nach vierzig Minuten hatten die Nanomagnete 75 Prozent aller Giftstoffe aus den infizierten Nagern entfernt. Auch Versuche im Labor mit menschlichen Blut verliefen erfolgreich. Sollte das Verfahren künftig auch bei Menschen gelingen, verschafft dies Ärzten auf der Intensivstation genug Zeit, um die Erreger einer Blutvergiftung zu bestimmen und den richtigen Wirkstoff zu finden. Im Jahr 2020 will Hemotune soweit sein, die ersten klinischen Studien mit Menschen durchzuführen.

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