Das musst du wissen
- Schon Kinder und Jugendliche nehmen Alkoholwerbung bewusst wahr, und das ist ein Problem.
- Denn je stärker diese Wahrnehmung, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass Jugendliche dem Rauschtrinken verfallen.
- Rauschtrinken beeinträchtigt die Entwicklung des jungen Gehirns und kann später im Leben Alkoholprobleme auslösen.
Eigentlich darf sich Alkoholwerbung nicht gezielt an Jugendliche richten. Trotzdem hören Kinder und junge Erwachsene die Botschaft der Marketing-Abteilungen laut und klar: Wer trinkt, hat gute Laune und viele Freunde. Das verdeutlicht eine kürzlich im Biomedical Journal erschienene Studie, für die über 3399 britische Jugendliche zu Alkoholwerbung und Trinkverhalten befragt wurden. Über achtzig Prozent der 11- bis 19-Jährigen hatten im Monat vor der Befragung bewusst Werbung für alkoholische Getränke gesehen.
Diese Werbung erreichte die Jungen auch indirekt durch Sponsoring von Sportveranstaltung oder Merchandise-Produkte. So besassen siebzehn Prozent der Befragten T-Shirts oder Gläser von Alkoholmarken. Das Problem daran: Die Werbung verleitete die Jugendlichen wohl nicht nur zum Trinken generell. Diejenigen Jugendlichen, die angaben Alkoholwerbung wahrzunehmen, hatten auch eine zweimal höhere Wahrscheinlichkeit, sich beim Trinken zu berauschen, als solche, die kaum Werbung sahen.
Rauschtrinken nimmt zu
Von Rauschtrinken spricht man ab fünf Standardgläsern bei Männern und vier bei Frauen, wobei ein Standardglas einer Stange Bier oder einem Deziliter Wein entspricht. «Rauschtrinken nimmt in der Gesellschaft deutlich zu», sagt Domenic Schnoz, Leiter der Zürcher Fachstelle zur Prävention des Suchtmittelmissbrauchs (ZFPS). Dies zeigt die Schweizerische Gesundheitsbefragung 2017. Zwar sei Alkoholkonsum bei Jugendlichen generell rückläufig, aber den ersten Rausch haben viele bereits vor dem 16. Lebensjahr, so Schnoz. Zahlen einer Untersuchung an Schweizer Schülern zeigen, dass im Schnitt 27 Prozent der 15-Jährigen und vier Prozent der 11-Jährigen schon einmal im Leben betrunken waren.
«Für das Gehirn macht es einen grossen Unterschied, ob der erste Rausch mit 14 oder 16 Jahren stattfindet», sagt Matthis Morgenstern, Psychologe und stellvertretender Leiter des deutschen Instituts für Therapie- und Gesundheitsforschung in Kiel. Rauschtrinken beeinträchtige die Entwicklung von Gehirnfunktionen wie Lernfähigkeit und Gedächtnis. Ausserdem wisse man: Je früher der erste Rausch, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass man später im Leben problematischen Alkoholkonsum entwickelt, der zu Missbrauch oder Abhängigkeit führen kann.
Alkohol erst ab 16
Daher sei es ein wichtiges Ziel der Suchtprävention, den ersten Alkoholkontakt soweit wie möglich hinauszuzögern, wie Schnoz sagt. Idealerweise bis mindestens zum 16. Lebensjahr. Ein wichtiger Ansatzpunkt sei die Werbung. «Wenn man will, dass diese Jugendliche gar nicht erreicht, dann müsste man sie ganz verbieten», so der Präventionsexperte. Wichtiger sei aber, dass Alkohol teurer werde, mit Mindestpreisen für Billigstgetränke. Und dass er ausserhalb von Bars und Restaurants nicht rund um die Uhr verfügbar sei. Das Schweizer Parlament lehnte die Verankerung solcher Massnahmen im Gesetz allerdings ebenso ab wie eine weitere Einschränkung der Alkoholwerbung.