Das musst du wissen

  • Die Sicherheit in Autos ist auf den männlichen Körper abgestimmt.
  • Frauen haben deshalb bei Auffahrunfällen ein bis zu 3 mal grösseres Risiko für ein Schleudertrauma.
  • Das europäische Forschungsprojekt «Virtual» will diese Einseitigkeit beheben.

Werden Autos in Europa auf ihre Sicherheit getestet, gibt es genaue Vorgaben für die eingesetzte Puppe: Sie ist 1,77 gross und 75 Kilo schwer. Die Puppe hat also die Masse eines durchschnittlichen Mannes. Das hat fatale Folgen: Frauen haben in Auffahrunfällen ein 1,5 bis 3 mal grösseres Risiko für ein Schleudertrauma als Männer, wie Studien zeigen.

Science-Check ✓

Studie: Vulnerability of Female Drivers Involved in Motor Vehicle Crashes: An Analysis of US Population at RiskKommentarDies ist ein Kommentar der Autorin / des AutorsDie Studie beruht auf Daten in den USA. Leute, die keinen Sicherheitsgurt trugen, wurden ausgeschlossen. Ebenso Fahrzeuge, die älter als 15 Jahre waren. Die Studie ist sehr zuverlässig.Mehr Infos zu dieser Studie...

Das europäische Forschungsprojekt «Virtual» will diese Einseitigkeit beheben und das erste Modell einer Frau für virtuelle Verkehrssicherheitstest entwickeln. Ein Prototyp für einen physischen, weiblichen Dummy wurde bereits 2013 in einem anderen Projekt entwickelt. Genutzt oder weiterentwickelt hat die Industrie das Modell aber bisher nicht. Stattdessen werden bei Tests immer noch kleinere Varianten des Standard-Dummys verwendet, um Unfälle mit Frauen zu simulieren. Das ist problematisch, denn: «Der kleinere Dummy entspricht nicht dem weiblichen Teil der Bevölkerung, sondern einem 12-Jährigen», sagt Astrid Linder vom schwedischen Verkehrsforschungsinstitut VTI. Sie ist Ingenieurin und leitet das Projekt «Virtual»: dabei geht es jedoch nicht um physische Dummys, sondern um mathematische Personenmodelle für virtuelle Tests, die viel detaillierter sind als die Puppen aus Plastik und Metall.

Virtuelle Tests sind zwar noch weit davon entfernt, Gesetzesstandard zu werden, aber könnten schon in einigen Jahren bei privaten Testanstalten zum Einsatz kommen, sagt Markus Muser, Leiter der schweizerischen Arbeitsgruppe für Unfallmechanik (AGU), die ebenfalls an «Virtual» beteiligt ist. Die Personenmodelle seien dabei schon weit fortgeschritten, erklärt er. Die Modelle von «Virtual» sollen aber nicht nur den weiblichen Körper virtuell simulieren: «Das Problem ist nicht nur, dass bei den heutigen Tests die Frauen weggelassen werden. Es ist auch eine Beschränkung auf einen athletischen Mann.» Es gebe hunderte Personentypen, etwa übergewichtige oder ältere Menschen, die man nicht berücksichtige. Die Modelle sollen schliesslich als Open-Source-Code zur Verfügung gestellt werden.

Damit die Modelle aber auch wirklich verwendet werden, braucht es neue Gesetzte, sagt Astrid Linder: «Wenn das Regelwerk vorgibt, dass ein männlicher Dummy eingesetzt werden soll, tun die Unternehmen das natürlich.» Spätestens 2030, hofft sie, werden die Vorgaben auch weibliche Modelle enthalten.

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