Das musst du wissen

  • Selbst an den trockensten Orten der Erde, wie der Atacama-Wüste in Chile, gibt es Leben in Form von Mikroorganismen.
  • Bakterien bewohnen Steine und lösen aus ihnen mittels chemischer Prozesse Wasser.
  • Dieses Wasser ist im Kristallgitter der Steine gebunden. In der Fachsprache nennt man es Hydratwasser.

Manche Bakterien besitzen Kräfte, die sonst nur märchenhaften Riesen vorbehalten sind: Sie quetschen das Wasser aus Steinen. Oder besser: Sie saugen es im übertrageben Sinn hinaus. Wie sie das bewerkstelligen, haben Forschende nun in Experimenten herausgefunden. Die Resultate sind in der Fachzeitschrift PNAS (Proceedings of the National Academy of Sciences) veröffentlich worden. Die Autoren geben damit einen Einblick in die Existenz von Leben in extrem trockenen Verhältnissen – wie sie zum Beispiel auch auf dem Mars herrschen.

Science-Check ✓

Studie: Mechanism of water extraction from gypsum rock by desert colonizing microorganisms KommentarDies ist ein Kommentar der Autorin / des AutorsDie Forschenden haben zuerst die Steine aus der Atacama-Wüste genau auf ihre Bakterien und chemische Zusammensetzung hin untersucht. Daraus entstand die Hypothese, dass die Bakterien den Steinen Wasser entziehen. Dies Hypothese wurde dann im Laborexperiment überprüft – und bestätigt. Die Resultate sind sehr zuverlässig. Alle Steine stammten allerdings aus der Atacama-Wüste. Proben aus anderen trockenen Gebieten – oder gar vom Mars – müssen untersucht werden, bevor die Resultate als allgemeingültig angenommen werden können.Mehr Infos zu dieser Studie...

Aus Gips wird Anhydrit

Denn: Auf der Erde gibt es selbst in den trockensten und ältesten Wüsten, wie zum Beispiel der Atacama-Wüste in Chile, Leben. Fotosynthetisch aktive Bakterien wie Cyanobakterien, Actinobakterien oder Proteobakterien bewohnen dort Gipsgestein, was sich durch eine grüne Färbung der Steine zeigt. Das Innere des Gesteins schützt die Mikroorganismen vor zu viel UV-Strahlung – und enthält in seiner kristallinen Molekülstruktur H2O. Dieses gebundene Wasser nennt man in der Fachsprache Kristallwasser oder Hydratwasser. Und diesen Schatz bergen die Bakterien mit bisher unbekannten Methoden.

Wei Huang

Hart im Nehmen: Diese Cyanobakterien leben in den Steinen.

Ein Team um den amerikanischen Forscher David Kisailus, Professor für Chemie und Umweltwissenschaften von der Universität Kalifornien, hat nun Gipsgestein aus der Atacama-Wüste detaillierten chemischen und physikalischen Analysen unterzogen, um diesem Geheimnis auf die Spur zu kommen. Dabei fanden die Wissenschaftler heraus: Dort, wo die Bakterien auf dem Stein lebten, bestand das Material darunter nicht mehr aus Gips, sondern aus einem chemisch veränderten und «entwässerten» Gestein, Anhydrit genannt. Dieses Gestein ist bereits untersucht und es ist bekannt, dass Gips bei Temperaturen über 40 Grad das Wasser in der Kristallstruktur verliert und zu Anhydrit wird. Die Autoren vermuteten nun, dass auch Mikroorganismen dies bewirken können.

Nur in Extremsituationen

Um diese Hypothese zu überprüfen, führten die Forschenden zudem ein Laborexperiment durch: Sie züchteten während 30 Tagen Cyanobakterien auf den Gesteinsproben aus Chile. Die einen Bakterien bekamen zusätzlich eine Nährlösung, die anderen nicht. Diese drohten zu verdursten – und begannen, Wasser aus dem Stein zu entnehmen. Die gut gewässerten Bakterien hingegen taten dies nicht. Die Mikroorganismen saugen das Wasser also nur in extrem trockenen Bedingungen aus den Steinen.

_____________

📬 Das Neuste und Wichtigste aus der Wissenschaft, jeden Dienstag und Donnerstag per E-Mail:
Abonniere hier unseren Newsletter! ✉️

_____________

Die Forschenden beobachteten, dass die Bakterien an gewissen Gesteinsstellen einen Biofilm bildeten, der organische Säuren enthielt. Diese Säuren ätzen die Kristallstruktur an – Wasser entweicht. Ähnliche Prozesse sind den Autoren zufolge von Bakterien auf unseren Zähnen bekannt: Hier sind es Milchsäuren, welche zur Auflösung der mineralischen Substanz der Zähne führen. Nun ist klar: Bakterien zersetzen nicht nur Zähne sondern auch Stein.

Diesen Beitrag teilen
Unterstütze uns

regelmässige Spende