Das musst du wissen

  • Ein bekanntes Problem, das weiter zunimmt: Die Zahl der antibiotikaresistenten Keime nimmt zu – auch in der Schweiz.
  • Medizinische Fachleute verschreiben laut einer neuen Analyse zu häufig oder ungeeignete Antibiotika.
  • Eine App sowie Infoblätter sollen Ärzteschaft und Patienten helfen, die richtige Entscheidung zu treffen.

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Die Fakten sind nicht neu, aber doch so auffällig, dass das Bundesamt für Gesundheit (BAG) unlängst in seinem wöchentlichen Bulletin darauf reagiert hat: Schweizer Ärzte müssen sich mehr anstrengen, um weniger – und vor allem gezielter – Antibiotika zu verschreiben. Die Patienten in der Westschweiz erhalten immer noch mehr Antibiotika als in der Deutschschweiz. Und die Gesundheitsbehörden sind alarmiert ob dem hohen Einsatz von Fluorchinolonen: Breitbandantibiotika, die vor allem bei Infektionen der Atemwegs- und Harnwegsinfektionen zum Zug kommen.

Warum wir darüber sprechen. Gegenüber Antibiotikaresistenz sind wir nicht machtlos. So lautet im Wesentlichen die Botschaft des BAG. Um zu verhindern, dass ein unangemessener und übermässiger Einsatz von Antibiotika die Resistenz der Keime beschleunigt, müssen sie weniger verschrieben werden. Die Problematik betrifft sowohl die Resistenzen als auch die Nebenwirkungen.

Der Hintergrund. Das Schweizerische Zentrum für die Kontrolle der Antibiotikaresistenz (Anresis) stellt fest:

«In den letzten 15 Jahren hat der Anteil antibiotikaresistenter Keime, die gegen Breitband-Antibiotika wie Fluorchinolone oder Cephalosporine resistent sind, bei einigen gefährlichen Krankheitserregern in der Schweiz zugenommen. Darunter zum Beispiel gegen sogenannte E coli-Bakterien.

Diese Zunahme ist vor allem auf den weltweit zu häufigen und teilweise unsachgemässen Einsatz von Antibiotika zurückzuführen. Dadurch wird die Wirksamkeit der Therapien beeinträchtigt, was ein zunehmendes Problem für die öffentliche Gesundheit darstellt.»

Die Schweiz verbraucht im Vergleich zu Griechenland relativ wenig Antibiotika, aber mehr als zum Beispiel die Niederlande. Weit vorne rangieren beim täglichen Antibiotikakonsum Rumänien, Frankreich und Spanien, im Mittelfeld stehen Grossbritannien sowie nordische Staaten wie Norwegen und Dänemark.

Nicht nur die Menge bereitet den Gesundheitsbehörden Sorgen. Die Wahl der Antibiotika muss verbessert werden. Dies gilt insbesondere für Fluorchinolone. Über alle Altersgruppen hinweg erweist sich der Einsatz dieser Antibiotika für das BAG «als problematisch»:

«Sie werden in mehr als zwanzig Prozent der Fälle von Harnwegsinfektionen verschrieben, auch wenn die klinischen Daten gegen eine solche Verschreibung sprechen.»

Auch bei Kindern scheint die falsche Verschreibung von Antibiotika weit verbreitet zu sein. So betreffen achtzig Prozent der Antibiotika, die Kindern verschrieben werden, Infektionen der Atemwege. Das BAG betont:

«Auch wenn sie in diesen Fällen empfohlen sind, werden nicht immer Penicillin und Aminopenicillin eingesetzt. Stattdessen werden wahrscheinlich immer noch zu häufig sogenannte Makrolide verschrieben. Dies sind Antibiotika für akute und chronische Infektionen, die aber ein problematisches Resistenzprofil aufweisen.»

Die Praxis überdenken. Mit dieser Feststellung fordert das BAG die Ärzteschaft auf, ihre Praxis zu überdenken. Im Rahmen der Strategie Antibiotikaresistenz (StAR) bieten das BAG und mehrere Berufsverbände den Ärzten der Grundversorgung Hilfsmittel zur Verbesserung des Antibiotikaeinsatzes an:

  • Die Schweizerische Gesellschaft für Infektiologie (SGI) erarbeitet und veröffentlicht regelmässig Richtlinien, die es Ärzten ermöglichen, den Einsatz von Antibiotika auf der Grundlage der neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse zu optimieren.
  • Die Infect-App des Schweizerischen Zentrums für die Kontrolle von Antibiotikaresistenzen zeigt die aktuellen Resistenzdaten auf übersichtliche Weise an.
  • Das Berner Institut für Hausarztmedizin (BIHAM) hat auf Fakten basierte Informationsblätter und Entscheidungshilfen für Ärzte entwickelt, die sie dabei unterstützen sollen, gemeinsam mit ihren Patienten eine Entscheidung über die Abgabe von Antibiotika zu treffen.

Und die Patienten? Wenn Ärzte über die Antibiotikabehandlung entscheiden, spielt auch der Patient eine Rolle. Um besser zu verstehen, wann man ein solches Medikament einnehmen und wann man es vermeiden sollte, gibt es eine Informationsseite, die unter anderem ein Merkblatt für Patienten. Dieses fasst zusammen, was sie bei der Einnahme von Antibiotika beachten sollten, und wann Vorsicht geboten ist.

Dieser Beitrag wurde erstmals auf Heidi.news veröffentlicht. Er wurde von Corinne Goetschel aus dem Französischen übersetzt.

Heidi.news

Hier gibt es Wissenswertes aus der Westschweiz. Die Beiträge stammen von unserem Partner-Portal Heidi.news, wir haben sie aus dem Französischen übersetzt. Heidi.news ist ein Online-Portal, das im Mai 2019 lanciert wurde und das sich unter anderem auf die Berichterstattung über Wissen und Gesundheit spezialisiert. Die Partnerschaft zwischen Heidi.news und higgs ist durch eine Kooperation mit dem Schweizerischen Nationalfonds SNF entstanden.
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