Das musst du wissen

  • Die Ozonkiller FCKW sind seit über 30 Jahren verboten.
  • Jetzt steigt ihre Konzentration in der Atmosphäre wieder an.
  • Ein internationales Forschungskonsortium beweist, dass die Emissionen aus Ost-China kommen.

Eigentlich ist der Schutz der Ozonschicht eine globale Erfolgsstory für den Umweltschutz. Die sogenannten Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) zerstören die Ozonschicht, welche die Erde in einer Höhe von rund 20 Kilometern umspannt und uns gegen die schädliche UV-Strahlung aus dem Weltall schützt. Darum sind diese Stoffe seit 1986 mit dem Abkommen von Montreal weltweit verboten. Seither gehen die FCKW-Emissionen zurück und die Ozonschicht erholt sich.

Das Montrealer Protokoll

Das Montrealer Protokoll, das 1987 unterzeichnet wurde und 1989 in Kraft trat, ist eine internationale Vereinbarung zum Schutz der Ozonschicht, die die Erde vor UV-Strahlung schützt. Es wurde inzwischen von 196 Ländern und der EU ratifiziert und ist damit der erste universell ratifizierte Vertrag in der Geschichte der Vereinten Nationen.

1990 wurde das «Advanced Global Atmospheric Gases Experiment» (AGAGE) gegründet: ein Konsortium von elf Forschungszentren aus der ganzen Welt, das Messungen von mehr als 50 Substanzen durchführt, die durch menschliche Aktivitäten in die Atmosphäre gelangen und zur Erwärmung des Planeten und zum Abbau seiner Ozonschicht beitragen.

Doch eine Untersuchung aus dem Jahr 2018 zeigt, dass die Emissionen eines Vertreters aus dieser Stoffklasse – das besonders gefährliche FCKW-11 – wieder am Steigen sind. Dieses überraschende Resultat zeigt, dass irgendjemand irgendwo Tausende von Tonnen dieses Ozonkillers produziert und freisetzt. «Dieser Befund kam für uns völlig unerwartet», sagt Matt Rigby von der University of Bristol, einer der Hauptautoren einer Studie, die gestern in der Fachzeitschrift Nature veröffentlich wurde. «Wir sehen, dass ab etwa 2013 die Emissionen von FCKW-11 plötzlich wieder anstiegen.»

Die Messungen von FKW-11 in der Atmosphäre über Ost-China steigen seit 2014 an.AGAGE

Die Messungen von FKW-11 in der Atmosphäre über Ost-China steigen seit 2014 an.

Das ist beunruhigend, denn ein Anstieg der FCKW-Emissionen verzögert die Erholung des sogenannten Ozonlochs über der Antarktis. Aber woher kamen diese neuen Emissionen? Zunächst hatten die Forscher lediglich Hinweise darauf, dass zumindest ein Teil der Emissionen irgendwo aus Ostasien stammt.

Verdächtige Spitzen in der Luftverschmutzung

Um eine Emissionsquelle lokalisieren zu können, sind Luftmessungen in der Nähe von Industrieregionen erforderlich. In diesem Fall kam der erste Hinweis auf die Herkunft der neuen FCKW-11-Emissionen von zwei Messstationen in Ostasien. Die Messungen zeigten immer dann Spitzenwerte in der Luft, wenn die Luftmassen aus Industriegebieten an die Messstation auf der Insel Jeju im Süden der koreanischen Halbinsel heranwehten.

Dies deutet darauf hin, wie der Leiter der Messstation in einer Medienmitteilung schreibt, dass diese Emissionen irgendwo innerhalb der Region angestiegen sein müssen. Ähnlich hohe Signale meldete auch die japanische Messstation des National Institute of Environmental Science auf der Insel Hateruma bei Taiwan.

Um festzustellen, welche Länder für die steigenden Schadstoffwerte verantwortlich sind, führte ein internationales Team von 13 Forschungsinstitutionen – darunter auch die Schweizer Empa – komplexe Computerberechnungen durch, erklärt Empa-Forscher Stephan Henne, Mitautor der Studie. So liessen sich die rätselhaften FCKW-11-Emissionen eindeutig auf den Osten Chinas zurückführen. Die Forscher mussten sich für ihre Analysen indes auf Messungen aus Gosan, einer Insel vor der Küste Südkoreas, stützen, da die Verwendung chinesischer Messdaten noch stark eingeschränkt sei, so Henne.

Die Messstation Gosan des internationalen Messnetzes auf Jeju Island in Südkorea.Kyungpook National University

Die Messstation Gosan des internationalen Messnetzes auf Jeju Island in Südkorea.

Das heisst gemäss den Forschern nicht, dass auch andere Länder oder andere Teile Chinas zusätzliche Anstiege verursacht haben könnten. «Unsere Messungen sind nur für den nordöstlichen Teil Chinas, West-Japan und die koreanische Halbinsel empfindlich genug, erklärt Sunyoung Park von der Kyungpook National University in Südkorea. «Es gibt also weite Teile der Welt, für die wir nur sehr wenige Informationen über die Emissionen von Ozon-abbauenden Stoffen haben.»

Dennoch stellt die in dieser internationalen Forschungs-Kooperation entwickelte Methode einen wichtigen und besonders für die Politik relevanten Meilenstein dar. Atmosphärenwissenschaftler können nun Regionen identifizieren, die nicht nur Ozon-abbauende Substanzen, sondern auch Treibhausgase oder andere Chemikalien in welchen Mengen emittieren.

Schaumstoffherstellung als Hauptverdächtiger

Frühere Berichte der Environmental Investigation Agency hatten darauf hingewiesen, dass chinesische Schaumstoffhersteller selbst nach dem weltweiten Verbot noch FCKW-11 verwendeten (higgs berichtete). Die chinesischen Behörden haben inzwischen einige illegale Produktionsanlagen identifiziert und geschlossen. Obwohl die aktuelle Nature-Studie keine Aussagen dazu machen kann, welche Industriebranchen für die FCKW-11-Emissionen verantwortlich sind, so liefert sie doch klare Beweise für deren Herkunft aus dem Osten Chinas. «Es ist nahezu sicher, dass diese Emissionen gegen das Montreal-Protokoll verstossen», schreibt die Empa. «Vermutlich entstehen die Emissionen bei der Herstellung von Schaumstoffen, bei der ein erheblicher Teil der Substanz nicht im Schaum verbleibt, sondern unmittelbar in die Atmosphäre entweicht», erklärt Empa-Forscher Stefan Reimann, der ebenfalls an der Studie beteiligt war. Aber genau diese Anwendung von FCKW-11 ist gemäss einer Erweiterung des Montrealer Protokolls seit 2010 weltweit verboten.

Um weitere Emissionen verbotener Substanzen zu identifizieren, schlägt der Empa-Forscher vor, das globale Messnetz auf regionaler und lokaler Ebene weiter auszubauen, vor allem in und um industrialisierte Regionen. «Ein solches Netzwerk wird nicht nur für die Erkennung verbotener Ozon-abbauender Gase enorm wertvoll sein, sondern auch für die Überprüfung der offiziell gemeldeten nationalen Treibhausgasemissionen», so Reimann. Solche Massnahmen sollen zwischen den Unterzeichnerstaaten des Pariser Übereinkommens Vertrauen schaffen, um die Emissionen von Treibhausgasen und deren Auswirkungen auf den Klimawandel zu begrenzen.

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