Das musst du wissen

  • Noch ist wenig bekannt über mögliche Folgen der 2018 an Menschen durchgeführten Genom-Editierung als Schutz vor HIV.
  • Der Eingriff in das sogenannte CCR5-Gen könnte aber die Lebenserwartung um rund 20 Prozent herabsetzen.
  • Dies vermuten Forscher, nachdem sie Gendaten von Menschen mit einer vergleichbaren, natürlichen Mutation analysierten.

Die beiden in China geborenen «Crispr-Babys» Lulu und Nana – und vermutlich weitere Babys (higgs berichtete) – sind durch einen Eingriff in ihr Erbgut mit der als Genschere bekannten Methode Crispr/Cas9 vermutlich ein Leben lang vor HIV-Infektionen geschützt. Jedoch könnte der ethisch heftig umstrittene Eingriff des chinesischen Forschers He Jiankui ihre Lebenserwartung deutlich herabgesetzt haben. Das vermuten Forscher der University of California, nachdem sie untersuchten, inwiefern diese Genveränderung die Gesundheit und damit die Lebenserwartung beeinflusst.

Die Wissenschaftler analysierten dazu Gendaten von insgesamt 409 693 Briten, die zu einer Gruppe von Menschen gehören, bei denen eine natürliche Genveränderung namens «Delta 32» vorliegt. Diese ist vergleichbar mit jener Mutation, die an den Crispr-Babys durchgeführt wurde: In beiden Fällen ist das Gen «CCR5» betroffen. Dieses ist der Bauplan für einen Rezeptor auf der Oberfläche von Zellen des Immunsystems, der dem HI-Virus normalerweise als Eintrittspforte dient. Bekannt ist, dass die Delta-32-Mutation der untersuchten Gruppe zwar das Eindringen von HI-Viren verhindert, die Betroffenen jedoch anfälliger gegenüber anderen Krankheitserregern wie Influenza-Viren macht. Einen ähnlichen Defekt im CCR5-Gen hat der chinesische Forscher He Jiankui bei den Crispr-Babys durch den Eingriff hervorgerufen.

Die Analyse durch die US-Forscher offenbart nun, dass ein Teil der betroffenen Personen eine deutlich geringere Lebenserwartung hatte. Bei Betroffenen im Alter zwischen 41 und 78 Jahren war die Todesrate signifikant höher als bei den Kontrollpersonen. Konkret war ihre Chance, den 76. Geburtstag zu erreichen, um rund 20 Prozent geringer als bei Personen mit normalen CCR5-Genen.

Die Forscher vermuten, dass die niedrigere Lebenserwartung auf die höhere Anfälligkeit für Grippeerkrankungen und die damit verbundenen Komplikationen zurückzuführen ist. Sie gehen aber davon aus, dass auch andere, noch unbekannte, Mechanismen mitverantwortlich für die verkürzte Lebenszeit sein könnten – beispielsweise spielt der CCR5-Rezeptor auch eine wichtige Rolle in Entzündungsprozessen.

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