Mit der Einführung der leistungsbezogenen Fallpauschalen vor gut sieben Jahren wurden in der Schweiz Anreize geschaffen, die Aufenthaltsdauer in der stationären Akutversorgung möglichst kurzzuhalten. Diese verkürzten Spitalaufenthalte führen vor allem bei älteren gebrechlichen Menschen dazu, dass sie nicht mehr genügend Zeit haben, sich zu erholen, um entsprechend selbstständig nach Hause zurückzukehren. Dies kann zu wiederholten Spitalbesuchen und verfrühten Heimeintritten führen.

Möglicher Zwischenschritt

Eine Übergangslösung kann die stationäre Kurzzeitpflege sein. Zwar gibt es noch die Akut- und Übergangspflege. Aufgrund der unzureichenden Finanzierung (hoher Selbstbehalt) und der relativ kurzen Aufenthaltsdauer von 14 Tagen wird diese in Langzeiteinrichtungen nur wenig angeboten respektive genutzt. Die Betroffenen nehmen denn auch häufiger das Angebot der Kurzzeitpflege in Anspruch.

Dabei handelt es sich um einen temporären Aufenthalt eines Pflegebedürftigen in einer stationären Pflegeeinrichtung mit dem Ziel, wieder in die eigenen vier Wände zurückzukehren. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer in der Kurzzeitpflege beträgt 29,5 Tage. Nur: Ein Angebot an Kurzzeitplätzen ist kaum verfügbar: Gesamtschweizerisch gibt es nur vier Kurzzeitplätze in Alters- oder Pflegeheimen pro 1000 Personen im Alter über 80 Jahre. Auch gibt es kaum konkrete Konzepte, wie die Kurzzeitpflege aussehen soll. Dies will ein Forschungsprojekt der Fachhochschule St. Gallen nun ändern.

Im Rahmen des Forschungsprojekts soll ein Programm zur Förderung der Selbstständigkeit während der Zeit der stationären Kurzzeitpflege entwickelt und getestet werden. Dies mit den Zielen, ältere Menschen in guter Selbstständigkeit nach Hause zu entlassen, Rehospitalisationen zu vermindern sowie die unbefriedigende finanzielle Situation der Kurzzeitpflege zu analysieren.

Situation in St.Gallen analysiert

Damit dies erreicht werden kann, wurde in einem ersten Schritt die Situation der Kurzzeitpflege im Kanton St.Gallen analysiert und von zwei Seiten beleuchtet: zum einen von den Zuweisern, den Akutspitälern, zum anderen von den Anbietern, den Alters- und Pflegeheimen. Die mündliche Befragung der verantwortlichen Personen in den Spitälern sowie in den Alters- und Pflegeheimen ergab einen Überblick über die Gründe, Häufigkeit und Dauer der Inanspruchnahme von Kurzzeitpflege sowie über das Alter und die Selbstständigkeit der Kurzzeitbewohnenden. Dabei nannten die Verantwortlichen des Entlassungsmanagements in den Spitälern konkrete Beispiele für den Pflegebedarf der Personen, für die eine Kurzzeitpflege gedacht ist: Kommt es bei der Entlassung aus dem Spital zu länger anhaltenden Veränderungen oder Beeinträchtigungen der Aktivitäten des täglichen Lebens, bestehen allgemeine Selbstpflegedefizite. Hier müssen Techniken, Handlungs- und Bewegungsabläufe neu oder wiedererlernt werden – beispielsweise das Gehen mit einem Rollator.

Fazit: kaum Angebote

Zusammenfassend geht aus den Aussagen der Verantwortlichen der Alters- und Pflegeheime hervor, dass kaum spezifische Angebote und Konzepte für die Kurzzeitpflege zur Verfügung stehen. Dennoch ist das Bewusstsein vorhanden, dass es ein spezielles Pflegekonzept und entsprechend ausgebildetes Personal in einem Alters- und Pflegeheim braucht. Bevor jedoch ein solches Konzept entwickelt und etabliert werden kann, muss die Finanzierungsfrage geklärt werden. Dabei sollten alle Möglichkeiten berücksichtigt werden: sowohl die Form der Abrechnung über die Krankenkassen als auch die Übernahme der Kosten durch den Staat sowie durch die Betroffenen selbst.

Bedarf ist vorhanden

Bei den Betroffenen besteht ein Bedarf an pflegerischer Versorgung, die über die für die Akut- und Übergangspflege vorgesehenen 14 Tage hinausgeht. Eine Datenerhebung in fünf Heimen zeigte, dass im Jahr 2017 die durchschnittliche Aufenthaltsdauer von Kurzzeitbewohnenden zwischen 26 und 36 Tagen lag. Ausserdem lässt die eingeschätzte Pflegestufe, die auf der zwölfteiligen Skala zwischen 5 und 8 liegt, die Annahme zu, dass professionelle Pflege indiziert ist. Damit besteht auch ein Unterschied zu einem Kur- und Wellnessaufenthalt, der durch einen niedrigen Pflegebedarf charakterisiert wird, sowie zu einer Rehabilitation, bei der ein hohes Mass an medizinisch-therapeutischer Versorgung nötig ist. Basierend auf dieser Untersuchung wird nun ein Konzept entwickelt, das spezifisch auf pflegebedürftige Menschen ausgerichtet ist, die nach einem Spitalaufenthalt wieder nach Hause möchten, aber noch zu wenig selbstständig sind.

Dieser Beitrag stammt von der Fachhochschule St. Gallen. Er erschien erstmals im FHS-Magazin 2019/1.
Kontakt zu den Projektverantwortlichen: Prof. Dr. Heidrun Gattinger, Leiterin des Instituts für angewandte Pflegewissenschaften, Co-Leiterin Fachstelle Rehabilitation und Gesundheitsförderung und Dr. Myrta Kohler, Co-Leiterin Fachstelle Rehabilitation und Gesundheitsförderung
Die FHS St.Gallen hat neu die Fachstelle «Rehabilitation und Gesundheitsförderung» gegründet.

Fachhochschule St. Gallen

Hier präsentiert die Fachhochschule St. Gallen Geschichten aus der Forschung.
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