Das musst du wissen

  • Forschende haben das Erbgut von Maulwürfen entschlüsselt und es mit dem des Menschen und anderer Arten verglichen.
  • Zwei Stellen im Erbgut für die Hodenentwicklung und die Bildung männlicher Geschlechtshormone waren verändert.
  • Diese Veränderungen führen dazu, dass Maulwurfweibchen weibliche und männliche Eigenschaften gleichzeitig haben.
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Viele Firmen schreiben Stellen als «w/m/d» aus, also nicht nur für Männer oder Frauen, sondern auch für das dritte Geschlecht «divers», das heisst für Menschen, die sich keinem der beiden Geschlechter zugehörig fühlen. Bei diesen intersexuellen Menschen – weltweit sind es etwa zwei Prozent – sind männliche wie auch weibliche Eigenschaften ausgeprägt. Das Phänomen gibt es ebenso im Tierreich und Wissenschaftler wissen nun auch wie es zustande kommt und warum.

Maulwurfweibchen sind intersexuell: Sie haben sowohl Eierstock- als auch Hodengewebe. Beide sind in einem unter Säugern einzigartigen Organ, genannt Ovotestes, vereint. Dieses produziert zwar keine Spermien, dafür aber jede Menge männlicher Geschlechtshormone wie Testosteron. Dank dieser sind die Maulwurfweibchen wahre Muskelprotze und auch aggressiver – vermutlich eine evolutionäre Anpassung an die Schwerstarbeit, die sie beim Graben ihres unterirdischen Gängenetzes leisten müssen.

Wie diese Intersexualität entsteht, hat nun ein internationales Team von Entwicklungsbiologen geklärt und ihre Ergebnisse im Fachmagazin Science veröffentlicht. Die Wissenschaftler verglichen das Erbgut des iberischen Maulwurfs (Talpa occidentalis) mit jenem vom Menschen und anderen Tieren. Dabei bemerkten sie zwei Veränderungen: Zum einen entdeckten sie ein umgekehrt eingeschobenes Stück DNA in einem Gen, das die Hodenentwicklung steuert. Zum anderen tragen die Maulwürfinnen gleich drei Kopien für ein Gen, das für die Bildung männlicher Geschlechtshormone verantwortlich ist.

In einem zweiten Schritt haben die Forschenden mittels gentechnischer Methoden die Aktivität der beiden betroffenen Gene, genannt CYP17A1 und FGF9, in Labormäusen angekurbelt. Daraufhin zeigten auch diese die intersexuellen Eigenschaften der Maulwurfweibchen.

Science-Check ✓

Studie: The mole genome reveals regulatory rearrangements associated with adaptive intersexuality
KommentarDies ist ein Kommentar der Autorin / des AutorsDie Studie ist zuverlässig, da sie nicht nur eine Korrelation festgestellt hat zwischen genetischen Besonderheiten und der Intersexualität, sondern auch eine ursächlichen Zusammenhang durch Experimente in Mäusen. Ob die genetischen Änderungen tatsächlich einen evolutionsbiologischen Vorteil für den unterirdischen Lebensstil der Maulwürfinnen boten – das ist plausibel, aber in der Studie nicht nachgewiesen.Mehr Infos zu dieser Studie...

Intersexuelle Phänotypen als krankhafte Zustände zu charakterisieren, dazu gebe es Tendenzen, wird der Mitautor der Studie Stefan Mundlos in einer Mitteilung der Max-Planck-Gesellschaft zitiert. «Unsere Studie zeigt, wie komplex die sexuelle Entwicklung ist und dass die Natur ein grosses Spektrum an Zwischentypen hervorbringen kann», so der Wissenschaftler.

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