Das musst du wissen
- Kunden vertrauen der Meinung anderer Kunden mehr als der Werbung: Bis zu 90 Prozent der Kaufentscheide beruhen darauf.
- Die erste Kundenbewertung ist dabei entscheidend: Fällt sie positiv aus, färbt das auf nachfolgende Kommentare ab.
- Die erste Kundenbewertung beeinflusst die Gesamtbewertung bis zu drei Jahre.
Eine Kundin auf Amazon: «KATASTROPHE! Finger weg von diesem Staubsauger! Wer sich dieses Ding kaufen will, sollte lieber gleich sein Geld aus dem Fenster werfen». Produkteratings durch Kunden sind bei Internetkäufen allgegenwärtig. Das erste Kundenrating beeinflusst die Beliebtheit eines Produkts dabei langfristig, wie eine Studie, die jüngst in der Fachzeitschrift Marketing Science publiziert worden ist, ergab.
Wir als Käufer tendieren beim Online-Einkauf zum Angebot mit einer Top-Bewertung. Hersteller, Verkäufer und Käufer sind sich einig: Rezensionen haben einen wichtigen Einfluss auf das Kaufverhalten. Neunzig Prozent der Kaufentscheide werden aufgrund von anderen Kundeneinschätzungen getroffen, ergab 2013 eine Umfrage. Wenn ein Produkt auf verschiedenen Webseiten angeboten wird, so sollten sich dort theoretisch ähnliche Bewertungen zeigen, denn das Produkt bleibt dasselbe. Die Forschungsgruppe aus Florida beobachtete nun aber ein anderes Phänomen.
Science-Check ✓
Studie: The Fateful First Consumer ReviewKommentarDies ist ein Kommentar der Autorin / des AutorsDie Forschenden untersuchten, ob andere Faktoren Einfluss haben könnten, wie zum Beispiel unterschiedliche Webseitenkulturen oder Preisunterschiede. Die unterschiedlichen durchschnittlichen Ratings konnten diesen Faktoren aber nicht erklären, was die These der Forschenden stärkt. Die Studie bezieht sich allerdings auf den US-Markt, die Resultate sind also nicht unbedingt allgemeingültig. Auch wurden Produktkategorien angeschaut, bei denen Online-Ratings traditionell eine wichtige Rolle spielen, die Resultate lassen sich aber nicht auf alle Produkte übertragen. Die Stichprobe ist zudem nicht besonders gross. Auch das Timing des ersten Ratings, der Einfluss des Reviewers und die Art der Einflussnahme durch Firmen wurde nicht einbezogen. Weitere Forschung muss die Resultate also noch bestätigen.Mehr Infos zu dieser Studie...Wie Gesamtbewertungen beeinflusst werden
Die Forschenden haben Kundenratings von einem Toaster, einer Babymatratze und einer Digitalkamera verglichen. Dabei fiel ihnen auf, dass die Bewertungen, trotz demselben Preis, stark voneinander abwichen. Auf Amazon zum Beispiel führten rund hundert Bewertungen eines Produktes zu fast fünf von fünf Sternen, während dasselbe Produkt auf Best Buy, einem US-amerikanischen Anbieter von Elektronikartikeln, lediglich fünf Bewertungen und nur zwei von fünf Sternen erhielt.
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Um diesen Sachverhalt auf den Grund zu gehen, untersuchten die Forschenden die Bewertungen von insgesamt 177 Staubsaugern auf Amazon und Best Buy genauer. Rund dreissig Prozent der Erstbewertungen dieser 177 Produkte waren gegenteilig. Dabei fiel der Gruppe auf, wie wichtig diese erste Bewertung für den Erfolg oder Misserfolg sein kann. Denn sie beeinflusst nicht nur die zukünftige Menge an Rezensionen, sondern färbt auch ab: «Die erste Bewertung hat das Potenzial, den gesamten Entwicklungspfad von Online-Verbraucherbewertungen zu beeinflussen», sagt Marketingforscher und Mitautor Woochoel Shin in einer Mitteilung. Wenn ein Verkaufsprodukt eine erste negative Reaktion erhält, sind weniger Menschen bereit das Kaufrisiko einzugehen. Die Wahrscheinlichkeit positive Bewertungen zu erhalten sinkt somit. Der erste unzufriedene Kunde kann also einen anhaltenden Einfluss haben und ein negatives erstes Rating kann bis zum Absturz eines Produktes führen.
Verzerrungen im Online-Rating entgegenwirken
Erstbewertungen bergen also die Gefahr, die Rezeption und den Erfolg eines Produkts zu verzerren. Die Forschenden schlagen deshalb vor, den Fokus bei Webseiten auf Durchschnittsratings zu legen statt auf Erstratings. Das könnte die Auswirkung von negativen Rezensionen verhindern.
Eine weitere Lösungsvariante wäre, die ersten Ratings erst nach einer bestimmten Anzahl ersichtlich zu machen. Den Konsumenten hingegen empfehlen die Forschenden, die Bewertungen auf verschiedenen Plattformen miteinander zu vergleichen. So vermeiden Käufer, aufgrund nur einer negativen Bewertung ein vielleicht geeignetes Produkt auszuschliessen. Denn: Kundenbewertungen sind am Ende hoch subjektiv.