Das musst du wissen

  • Der Mensch beeinflusst die Erde nicht erst seit der industriellen Revolution, sondern seit Tausenden von Jahren.
  • Das haben Archäologen nun in einem globalen Projekt bestätigt.
  • Dafür werteten sie qualitative Aussagen von 255 Forschenden aus.

Spätestens mit dem intensiven Ackerbau begann der Mensch, seine Umwelt zu verändern: er rodete zum Beispiel Wald für seine Felder. Dass der Mensch also nicht erst seit der industriellen Revolution, sondern seit tausenden von Jahren den Planeten beeinflusst, zeigt eine neue Studie, die am Donnerstag im Wissenschaftsmagazin Science erschienen ist.

Bereits vor 10 000 Jahren gab es im Nahen Osten Bauern. Vor 4000 Jahren verbreitete sich die Viehzucht. Und vor 3000 Jahren begannen die Bauern vermehrt, ihr Land intensiv zu bewirtschaften, es also zum Beispiel umzupflügen. Landwirtschaft war vor 2000 Jahren bereits in rund der Hälfte der Weltregionen verbreitet, wie die Weltkarte zeigt, die aus der Studie resultiert ist.

Nicolas Gauthier / Arizona State University for ArchaeGLOBE

Diese Timelapse zeigt, wie weit sich die Landwirtschaft prozentual der Landnutzung ausbreitet. Um die Landnutzung in Ozeanien hervorzuheben, werden vier Inselgruppen durch Symbole dargestellt.

Die Kernfrage der Studie dreht sich um eine wissenschaftliche Kontroverse: Wann begann die Zeit, in der der Mensch begann, die Erde und deren Öko-Systeme massiv zu verändern? «Es gibt Thesen, die den Einfluss des Menschen vor der industriellen Revolution als sehr gering einstufen», sagt Jed O. Kaplan, Gastprofessor am Max-Planck-Institut für Menschheitsgeschichte und einer der Studienautoren. Diese Studie zeige nun, wie weit verbreitet Bauern schon vor 3000 Jahren gewesen seien. Wie intensiv sie Landwirtschaft betrieben, dies könne die Studie allerdings nicht klären. «Es ist eine qualitative Studie. Quantitative Aussagen sind darin nicht enthalten». Die Antworten auf die Frage, wann der Mensch anfing, die Erde zu transformieren, könne helfen, seinen heutigen Einfluss auf den Planeten besser zu verstehen. Die Frage sei aber noch lange nicht geklärt. Es brauche mehr Forschung, vor allem in archäologisch noch wenig erforschten Gebieten wie zum Beispiel Afrika.

Nicolas Gauthier/Arizona State University for ArchaeoGLOBE

Die Grafik zeigt den Rückgang der Nahrungssuche (Jagen, Sammeln und Fischen) im Laufe der Zeit.

Um eine globale Übersicht der menschlichen Aktivitäten vor Tausenden von Jahren zu erhalten, haben die Studienautoren qualitative Aussagen von 255 Archäologen rund um den Globus ausgewertet. Im Rahmen des Projekts ArchaeoGLOBE, das von der amerikanischen National Science Foundation finanziert ist, haben Forschende der Universitäten Maryland und Washington sowie des Max-Planck-Instituts für Menschheitsgeschichte eine weltweite Befragung durchgeführt. Das Forscher-Team verschickte einen Fragebogen an Archäologen und sammelte so das Wissen jedes einzelnen Experten. Die Wissenschaftler beantworteten Fragen über das Leben der Menschen in den letzten 10 000 Jahren: ob sie vorwiegend Jäger und Sammler oder aber Bauern waren, ob es Viehzucht gab und wie verbreitet diese Phänomene waren. Diese Methode, bei der zahlreiche Wissenschaftler zu den Resultaten beitragen, nennt sich Crowdsourcing. Erstmals kam die Methode nun in grossem Massstab für archäologische Forschung zur Anwendung.

Diesen Beitrag haben wir ursprünglich für nau.ch geschrieben.
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