Das musst du wissen
- Forschende haben Schachpartien von Weltmeistern und ihren Gegnern aus 125 Jahren ausgewertet.
- Ergebnis: Heutige 30-Jährige haben eine höhere geistige Leistungsfähigkeit als ihre Altersgruppe vor 100 Jahren.
- Im Alter von rund 35 Jahren beginnen die Fähigkeiten aber zu stagnieren – heute gleich wie damals.
Die Arbeitswelt ist komplexer und geistig anspruchsvoller als noch vor hundert Jahren. Gut zu wissen, dass heutige Generationen bei schwierigen Aufgaben besser abschneiden, als ihre Vorfahren. Dies zeigt die Studie dreier Ökonomen aus der Schweiz, Deutschland und Holland, die im Fachmagazin PNAS erschienen ist.
Für ihre Studie griffen die Forschenden auf einen ganz speziellen Datensatz zurück: Professionelle Schachturniere der letzten 125 Jahre – vom ersten offiziellen Weltmeister Wilhelm Steinitz bis zum jetzigen Champion Magnus Carlsen. Schach gilt in den Neurowissenschaften und der Psychologie als beispielhaft für eine geistig anspruchsvolle Aufgabe, die Wahrnehmung, Gedächtnis und Problemlösefähigkeiten erfordert. Dabei wird seit Jahrzehnten nach den gleichen Regeln gespielt. Dadurch lassen sich verschiedene Generationen miteinander vergleichen. Ein weiterer Vorteil gegenüber früheren Studien: Der Datensatz liefert nicht nur eine Momentaufnahme, sondern zeigt, wie sich geistige Fähigkeiten über ein Menschenleben hinweg verändern.
Science-Check ✓
Studie: Life cycle patterns of cognitive performance over the long runKommentarDies ist ein Kommentar der Autorin / des AutorsDie Studie vergleicht jeden einzelnen Schachzug mit dem eines Schachcomputers. Der Bezugspunkt ist damit über die betrachteten 125 Jahre immer genau gleich. So lässt sich die Leistung innerhalb einer Person aber auch zwischen Personen unabhängig von anderen Einflussfaktoren vergleichen. Die Ergebnisse sind allerdings nicht allgemeingültig, denn es wurden nur Schachspieler betrachtet. Die Studie kann aber Hinweise geben, wie sich die geistige Fitness über das Jahrhundert entwickelt hat.Mehr Infos zu dieser Studie...Insgesamt umfasst die Studie über 24 000 Partien mit mehr als 1,6 Millionen Schachzügen. Um die individuelle Leistung zu messen, verglichen die Forschenden jeden gespielten Zug mit einem optimalen, der von einem Schachcomputer berechnet wurde. Je nach Geburtsdatum der Spieler teilten sie diese in vier Gruppen ein und sahen: Die geistige Leistung steigt in der Jugend stetig an und erreicht bei rund 35 Jahren ein Plateau. Ab rund 45 Jahren nimmt sie wieder leicht ab. Dabei erreichte die jüngste Generation Spieler insgesamt ein höheres Leistungsniveau als ihre Vorgänger.
Als möglichen Grund dafür sehen die Forschenden technologische Fortschritte, wie etwa Schachcomputer. Dank diesen kann die heutige Generation Spieler immer und überall trainieren, sich dadurch rasch verbessern und insgesamt in jungen Jahren schon mehr Erfahrung sammeln als frühere Spieler. Diese Erklärung stützen psychologische Studien, die zeigen, dass die geistige Leistung eine Kombination aus angeborenen Fähigkeiten und Übung ist.
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Dass sich der beobachtete Trend fortsetzt, wäre angesichts der steigenden Bedeutung geistig anspruchsvoller Aufgaben am Arbeitsplatz wünschenswert. Darüber kann das mathematische Modell der Forschenden aber nichts aussagen.
Die gute Nachricht ist aber: Mit alltäglichem Training bleiben die grauen Hirnzellen auch im Alter fit. Denn nur wer rastet, der rostet – nicht nur körperlich, sondern auch geistig.