Die Geschicke des Alten Ägyptens wurden nicht nur von den Pharaonen gelenkt – auch Vulkanausbrüche rund um den Globus hatten ihren Einfluss. Denn diese schleuderten riesige Mengen von Schwefel in die Atmosphäre. Dadurch veränderte sich das globale Klima so stark, dass die Regenfälle im Einzugsgebiet des Nils – der wichtigsten Wasserquelle Ägyptens – ausblieben. Das fand der Klimaforscher Michael Sigl vom Paul-Scherrer-Institut (PSI) zusammen mit einem internationalen Team heraus. Er untersuchte in Polargebieten bis zu 500 Meter lange Eisbohrkerne und entdeckte darin Schwefelspuren – Überbleibsel längst vergangener Vulkanausbrüche, die sich im Eis ablagerten. Dank diesem natürlichen Archiv konnten die Forscher den Zeitpunkt von 283 Eruptionen der letzten 2500 Jahre auf wenige Jahre genau bestimmen. Diese Daten verglichen die Wissenschaftler mit uralten Aufzeichnungen auf Papyrusrollen. Sie entdeckten ein Muster: Nach Eruptionen gab es mehr Volksaufstände; Priester reagierten mit neuen Vorschriften auf das Chaos; Pharaonen beendeten Kriege mit den Nachbarstaaten.

M. Sigl

Eisiger Bohrkern in Grönland.

«Bisher haben die Historiker die Entwicklung des Klimas kaum beachtet», sagt Sigl, «es hat aber grossen Einfluss auf den Lauf der Geschichte.» So auch in Ägypten: In normalen Sommern regnet es wegen des Monsuns im Quellgebiet des Nils stark; der Fluss führt Hochwasser. Anders nach Vulkanausbrüchen: Der Regen versiegte weitgehend. Das konnten die Forscher rekonstruieren, weil die alten Ägypter den Pegelstand des Nils in Dokumenten aufzeichneten. Nach den Vulkanausbrüchen gab es kein sommerliches Hochwasser am Nil.

Starke Ausbrüche am Ende des Reiches

Diese Hochwasser waren jedoch lebenswichtig für das antike Ägypten. Denn sie brachten Wasser und fruchtbaren Schlamm in das ansonsten trockene Land. So ermöglichten die Fluten den Anbau von Nutzpflanzen wie Getreide. Blieben die Hochwasser aber aus, drohten Hungersnöte. «Genau das passierte wohl auch während der Herrschaft von Kleopatra, der letzten Pharaonin», sagt Sigl. Während ihrer Zeit gab es eine Häufung starker Vulkanausbrüche. «Diese könnten eine wesentliche Rolle beim Zusammenbruch des Pharaonenreichs gespielt haben.»

Die Erstversion dieses Beitrags erschien am 27. Oktober 2017.
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