Benedikt Meyer


Benedikt Meyer ist Historiker und Autor. Mit «Im Flug» hat er die erste wissenschaftliche Geschichte der Schweizer Luftfahrt geschrieben, mit «Nach Ohio» seinen ersten Roman veröffentlicht. Bei higgs erzählt er in der «Zeitreise» jeden Sonntag Episoden aus der Geschichte der Schweiz. Von den Wanderungen der Helvetier bis Erasmus von Rotterdam, vom Mord in Augusta Raurica bis zu Catherine Reponds tragischem Ende und von Henri Dunant bis zu Iris von Roten.

Der mittelalterliche Hochadel war überschaubar und bestens vernetzt. Vielleicht lesen sich manche Biographien deshalb wie Drehbücher für Seifenopern. Beispielweise jene von Berta, der Tochter des Königs von Schwaben. Im Rahmen eines Friedensvertrags wurde sie mit dem König des Hochburgunds verheiratet. Dieses umfasste ungefähr die heutige Westschweiz.

Als ihr Mann starb heiratete sie Hugo, den König Italiens. In die Ehe brachte sie ihren minderjährigen Sohn Konrad, diesen schickte sie aber zur Erziehung an den Hof König Ottos von Ostfranken. Von dort kehrte Konrad eines Tages mit Otto zurück und es wäre wohl zum Krieg mit Stiefvater Hugo gekommen, wäre dieser nicht im passenden Augenblick von sich aus gestorben. Und so erbte Konrad nicht nur das Burgund, sondern auch Teile Italiens.

Druckgraphik von Königin Berta, um 1835.Schweizerisches Nationalmuseum

Druckgraphik von Königin Berta, um 1835.

Politisch wäre es nun angebracht gewesen, Konrads Schwester Adelheid mit dem italienischen Grafen Berengar zu verheiraten. Die aber verweigerte die Hochzeit, was unter anderem daran liegen könnte, dass Berengar häufig mit dem frühen Tod ihres ersten Mannes in Verbindung gebracht wird. Berengar indes verstand die genauere Bedeutung von «Nein» nicht und liess Adelheid in seiner Burg über dem Gardasee gefangen setzen.

Adelheid konnte sich befreien, floh nach Canossa und rief Otto zu Hilfe. Der König eilte herbei und besiegte den uncharmanten Grafen. Otto und Adelheid heirateten und verbanden damit die Königreiche Ostfranken und Lombardei zu einem neuen, riesigen Reich. Otto besiegte ausserdem später die Ungarn.

Währenddessen erfreute sich Berta von Burgund grosser Beliebtheit bei ihren Untertanen. Noch heute ist «la reine Berthe» in der Romandie Synonym für eine gute Herrscherin. Auch Adelheid galt als mustergültige Magistratin, die sich für die Armen und Randständigen der Gesellschaft einsetzte. Als Otto starb, wurde sie zur Kaiserin jenes Reiches gekrönt, das später unter dem komplizierten Namen «heiliges römisches Reich deutscher Nation» bekannt werden sollte (es war weder heilig, noch römisch, noch ausschliesslich deutsch oder eine wirkliche Nation. Dafür umfasste es u.a. das Gebiet der heutigen Schweiz).

Abteikirche von PayerneSofieLayla Thal

Die burgundische Königsfamilie stiftete das Kloster Payerne Mitte des 10. Jahrhunderts. Die Kirche stammt aus dem 11. Jahrhundert und zeugt heute noch von Bertha und Adelheid.

Berta und Adelheid können ausserdem auch als Gründerinnen von Payerne angesehen werden. An jenem Ort im Tal der Broye, wo damals bloss ein einsames Gehöft stand, liess Adelheid im Jahr 962 zum Andenken an ihre Mutter Berta ein Kloster gründen. Um dieses herum entstand der Ort Payerne. Die imposante Kirche erinnert bis heute an zwei starke Frauenfiguren des Mittelalters.

Digital in die Vergangenheit


Dieser Beitrag erschien erstmals auf dem Blog des Schweizerischen Nationalsmuseums.

Der Blog des Schweizerischen Nationalmuseums publiziert regelmässig Artikel über historische Themen. Diese reichen von den Habsburgern über Auslandschweizer bis hin zu heimischer Popmusik, die es zu Weltruhm gebracht hat. Der Blog beleuchtet viele Facetten der Landesgeschichte in den Sprachen Deutsch, Englisch und Französisch. Mehr dazu gibt es unter: blog.nationalmuseum.ch

Zeitreise

In der «Zeitreise» erzählt der Historiker und Autor Benedikt Meyer Episoden aus der Geschichte der Schweiz. Von den Wanderungen der Helvetier bis Erasmus von Rotterdam, vom Mord in Augusta Raurica bis zu Catillons tragischem Ende und von Henri Dunant bis Iris von Roten. Die Serie erschien erstmals bei Transhelvetica und auf dem Blog des Schweizerischen Nationalmuseums.
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