Das musst du wissen

  • Bis Mitte des 20. Jahrhunderts waren Experten überzeugt davon, dass es auf dem Mars Leben gebe.
  • Als 1964 das Raumfahrzeug «Mariner 4» am Mars vorbeiflog, wurde aber klar, dass das ein Irrtum war.
  • Seither boomt die Suche nach ausserirdischem Leben. Vor allem erdähnliche Exoplaneten sind vielversprechend.

Sie sind unter uns. Auf Kinoleinwänden, Streaming-Plattformen und in Science-Fiction-Büchern. Nur im echten Leben sind sie uns noch nicht begegnet, auch wenn manche darauf schwören, dass sie sie schon einmal gesehen haben: Ausserirdische.
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Seit Jahrtausenden beschäftigen wir Menschen uns mit der Frage, ob es da draussen noch mehr gibt. So haben sich bereits vor 2000 Jahren Menschen Gedanken zur Existenz ausserirdischen Lebens gemacht. Beispielsweise der griechische Schriftsteller Plutarch in seinem Werk «Das Mondgesicht». Oder der griechische Satiriker Lukian von Samosatas, der mit seiner Schrift «Icaromenippus» oder die «Luftreise» quasi einen Vorläufer des modernen Science-Fiction-Romans geschrieben hat.

«Diese alten Texte beziehen sich vor allem auf mythische Motive und haben nicht den Anspruch, rationale Theorien über ausserirdisches Leben zu entwickeln», sagt Marc Horat, Astrophysiker und Leiter des Planetariums im Verkehrshaus der Schweiz in Luzern. «Erst mit der Renaissance wurden Überlegungen zu ausserirdischem Leben von der Astrologie und Mythologie entkoppelt.» Gleichzeitig entstand die Astronomie, die heute als eine der ältesten Wissenschaften gilt.

Leben auf dem Mars – im 19. Jahrhundert selbstverständlich

Diese Entkoppelung der Astronomie von nicht-wissenschaftlichen Disziplinen war es auch, die gemeinsam mit dem Aufkommen neuer Technologien Ende des 19. Jahrhunderts zu einem regelrechten Hype um Aliens geführt hat. Der italienische Astronom Giovanni Schiaparelli konnte bereits damals so scharfe Beobachtungen des Mars machen, dass er meinte, Linien auf unserem roten Nachbarplaneten beobachtet zu haben und als diese dokumentieren konnte. «Diese Dokumentation jedoch hat sein US-amerikanischer Kollege Percival Lowell, der des Italienischen nicht besonders mächtig war, falsch übersetzt. Aus Schiaparellis ‹Linien› oder ‹Rinnen› (Canali) las er ‹künstliche-angelegte Kanäle› und interpretierte seine eigenen Beobachtungen entsprechend», sagt Horat. «Durch diese Arbeiten entstand damals die wissenschaftlich fundierte Meinung, dass es Leben auf dem Mars geben muss. Das gehörte zum kulturellen Wissen, bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts.»

Astronom Giovanni Schiaparelli vor einem Teleskop im Jahre 1900.Wikimedia/Achille Beltrame

Der scharfäugige Astronom Giovanni Schiaparelli in einem Ausschnitt des italienischen Magazins «La Domenica del Corriere» vom 28. Oktober 1900.

Der Glaube an das Leben im All wurde erst in den 1960er-Jahren erschüttert. Als das Raumfahrzeug «Mariner 4» 1964 am Mars vorbeiflog, sah man: Schiaparellis Linien stammen lediglich von einer kalten Wüste, die Leben, wie wir es kennen, nicht enthalten kann. «Diese Erkenntnis war ein grosser gesellschaftlicher Schock», so Horat weiter.

«Für viele sind Aliens eine Ersatzreligion»

Vielleicht gerade wegen dieses «Rückschlags» haben UFOs und Aliens seit Mitte der 1960er Jahren wieder Hochkonjunktur. Nicht nur in der Popkultur, sondern auch unter Verschwörungstheoretikern.

Prominentestes Beispiel: Area 51. Seit jeher ist das militärische Sperrgebiet im südlichen Nevada Gegenstand vieler Verschwörungstheorien, wonach auf der Basis ausserirdische Lebensformen erforscht werden. Mancher Ufologe vermutet hier die Überreste eines abgestürzten Ufos, das angeblich 1947 nahe der Kleinstadt Roswell im Bundesstaat in die Erde gekracht ist – mitsamt seiner Insassen.

Stop- und Warnschilder vor der Area 51.Unsplash/Oliver Pacas

Warnschild vor der sagenumwobenen Area 51.

«Für viele sind Ufos und Aliens gar zu einer Ersatzreligion geworden», erklärt sich Marc Horat das Phänomen. So auch für Prä-Astronauten wie den Schweizer Erich von Däniken. Prä-Astronautik ist eine Parawissenschaft, die behauptet, dass unser Planet in der Vorgeschichte und der Zeit des Altertums von ausserirdischem Leben besucht wurde. Solche Behauptungen ärgern den Astrophysiker Horat: «Solche Kults sind nicht nur wissenschaftlich unhaltbar, sondern auch kulturhistorisch schade, weil dadurch die Errungenschaften der alten Hochkulturen wie die Pyramiden in den Senkel gestellt werden».

Aliens werden wir nie in die Augen schauen

Wie aber ist der aktuelle, wissenschaftliche Stand der Dinge? Immerhin war bis Ende des 20. Jahrhunderts über Planeten ausserhalb unseres Sonnensystems noch kaum etwas bekannt – erst 1995 entdeckten die Schweizer Astronomen Michel Mayor und Didier Queloz von der Universität Genf den ersten Exoplaneten. Einen Planeten also, der ausserhalb unseres Sonnensystems einen Stern umkreist. «Seither hat sich die Technik so rasant weiterentwickelt, dass man bereits Beobachtungen der Atmosphären dieser Planeten machen kann», sagt Guido Schwarz, Gründer und Leiter des Swiss Space Museums. Von 1995 bis heute hat man bereits über 4000 weitere Exoplaneten entdeckt. Besonders interessant bezüglich Aliens sind hier erdähnliche Planeten: Also solche, die eine feste Oberfläche aufweisen, hauptsächlich aus Gestein bestehen, einen günstigen Abstand zur Sonne haben und über eine lebensfreundliche Atmosphäre sowie über Wasser verfügen. Forschende vermuten, dass es allein in unserer Galaxie zwischen 5 bis 10 Milliarden wasserreiche Planeten geben soll – je nach Definition.
Erst Anfang Januar hat der Nasa-Satellit Tess einen neuen erdähnlichen Exoplaneten entdeckt. Mit rund 100 Lichtjahren Entfernung zur Erde liegt er in nächster Reichweite – zumindest aus astronomischer Sicht.

RaketenstartSpaceX

Die Falcon 9-Rakete mit Tess, die im April 2018 vom Space Launch Complex 40 in Cape Canaveral gestartet ist.

Tess

Transiting Exoplanet Survey Satellite

Das Tess ist ein Weltraumteleskop der Nasa zur Suche nach Exoplaneten. Also Himmelskörpern, die ausserhalb des Gravitationseinflusses unserer Sonne aber innerhalb des gravitativen Einflusses eines anderen Sterns liegen. Der Fokus der Suche liegt dabei auf Sternen, die unserem Sonnensystem am nächsten sind. Im Gegensatz zu Kepler – einem ersten Weltraumteleskop – sollen mit TESS auch deutlicher hellere Sterne beobachtet werden. Gestartet ist die Mission im April 2018.

Sogar noch viel näher wäre «Proxima Centauri c»: eine italienische Forschungsgruppe glaubt, in ihm einen Exoplaneten in der Nachbarschaft unseres Sonnensystems – nur 4,2 Lichtjahre von der Erde entfernt – gefunden zu haben.

Schwarz ist deshalb überzeugt, dass man bereits in den nächsten zwanzig bis dreissig Jahren den Beweis erbringen wird, dass Leben auf anderen Planeten möglich sei. «Besonders spannend werden die aktuellen Missionen zu den Eismonden des Jupiters sein, an denen auch die Schweiz beteiligt ist. Diese Eismonde haben nämlich unterirdische Ozeane, abgedeckt durch eine dicke Eisschicht.» Es sei also gut möglich, dass es dort primitives, einzelliges Leben gäbe, beispielsweise Bakterien. Der Raketen-Launch zu den Eismonden ist bereits für 2022 geplant. «Zudem gehen die Weltraumbehörden weiterhin davon aus, dass es auch auf dem Mars geringste Formen bakteriellen Lebens geben könnte, nur beweisen konnten sie es noch nicht», sagt Schwarz.

Missionsziel: Jupiter

Künstlerische Darstellung der Sonde Juice vor Ganymed und JupiterNASA/JPL

Künstlerische Darstellung von JUICE über Ganymed – dem dritten und grössten der viel Galileischen Monde des Jupiters.

JUICE (Jupiter Icy Moon Explorer; deutsch Jupiter-Eismond-Erkunder) ist eine geplante Mission der Europäischen Weltraumorganisation ESA. Juice soll im Juni 2022 mit zwei Raketen starten. Danach reist die Sonde zum Jupiter, der laut Plan im Oktober 2029 erreicht werden soll. Ziel der Weltraummission ins äussere Sonnensystem ist, die Galileischen Monde des Gasplaneten zu erforschen.

Und trotzdem: «Aliens werden wir nie in die Augen schauen können», sagt Schwarz. «Leider.» Dieser Meinung ist auch Astrophysiker Marc Horat: «Alleine der Sprung von einfachem, einzelligen Leben zu komplexem Leben ist relativ gross – der dauerte ja auch auf der Erde entsprechend lang. Die Frage ist also, ob sonst irgendwo ein Planet ähnliche stabile Bedingungen hatte wie wir, damit sich mehrere Milliarden Jahre lang eine intelligente Zivilisation entwickeln konnte.» Und damit wir diese Zivilisation treffen könnten, müsste deren Entwicklung ungefähr gleichzeitig mit unserer gestartet haben. Und das auf einem Planeten, der nicht zu weit entfernt ist, also nicht mehrere Lichtjahre – ein Lichtjahr entspricht 9,46 Billionen Kilometern. Die Wahrscheinlichkeit, dass solche Aliens vor uns bereits wieder ausgestorben sind – oder sich erst noch über Milliarden Jahre entfalten müssen, ist also hoch. Selbst wenn wir also ausserirdisches Leben finden werden: Es wird Science-Fiction-Fans wohl enttäuschen.

Drake-Gleichung

Auch als Green-Bank-Formel und SETI-Gleichung bekannt

Die sogenannte Drake-Gleichung wird häufig bei Überlegungen herangezogen, wenn es darum geht ausserirdisches Leben zu finden. Sie dient zur Abschätzung, wie viele technische, intelligente Zivilisationen es in unserer Galaxie – der Milchstrasse – gibt. Faktoren sind unter anderem der Anteil an Sternen mit Planetensystem, die mittlere Sternentstehungsrate pro Jahr in unserer Galaxie sowie die durchschnittliche Anzahl der Planeten pro Stern innerhalb des Abstandsbereiches, in dem sich ein Planet von seinem Zentralgestirn befinden muss, damit Wasser dauerhaft in flüssiger Form als Voraussetzung für erdähnliches Leben auf der Oberfläche vorliegen kann. Entwickelt und 1961 vorgestellt wurde die Gleichung vom US-Astrophysiker Frank Drake.
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