Das musst du wissen

  • Eine weltweite Studie testete die Wirkung von Remdesivir, Hydroxychloroquin, Lopinavir/Ritonavir und Interferon-β1a.
  • Keines konnte die Sterblichkeit von schwerkranken COVID-19 Patienten signifikant senken, wie Zwischenergebnisse zeigen.
  • Remdesivir wird im Klinikalltag bereits verwendet. Daran dürfte sich vorerst nichts ändern.
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Sie wirken gegen Ebola, Malaria und HIV und galten bisher als Hoffnungen im Kampf gegen die Corona-Pandemie: die antiviralen Medikamente Remdesivir, Hydroxychloroquin, Lopinavir/Ritonavir sowie der Wirkstoff Interferon-β1a. Doch nun ist klar: diese Substanzen haben keinen wesentlichen Einfluss auf die Sterblichkeit und Länge des Spitalaufenthaltes. Dies zeigen die Ergebnisse der sogenannten Solidaritäts-Studie der Weltgesundheitsorganisation WHO, die kürzlich als Vorabveröffentlichung erschienen ist.

Science-Check ✓

Studie: Repurposed antiviral drugs for COVID-19 –interim WHO SOLIDARITY trial resultsKommentarDies ist ein Kommentar der Autorin / des AutorsBei dieser Studie handelt es sich um eine multinationale Kooperationsstudie, bei der 11 266 Patienten teilnahmen. Die Studie ist randomisiert und dadurch sehr zuverlässig.Mehr Infos zu dieser Studie...

An der Studie beteiligten sich mehr als 11 200 Patienten aus 30 verschiedenen Ländern. Die Teilnehmenden wurden zufällig einem der vier Medikamente oder der Kontrollgruppe – die kein Medikament erhielt – zugeteilt. Dabei zeigten sich keine statistisch signifikanten Unterschiede in der Sterblichkeit, der Länge des Spitalaufenthaltes oder der Notwendigkeit einer Beatmung. Dass Hydroxychloroquin, Lopinavir/Ritonavir und Interferon-β1a wahrscheinlich nicht wirksam sind, darauf deuteten bereits frühere, kleinere Studien hin. Anders bei Remdesivir, hier stimmten die Resultate einer jüngst im New England Journal of Medicine veröffentlichten Studie zuversichtlich. Verglichen mit der Placebo-Gruppe, verkürzte Remdesivir die Genesungszeit von Patienten um fünf Tage. Behandelte Patienten waren zudem weniger lang im Spital und kürzer auf eine Beatmung angewiesen. Und die Sterblichkeit war mit Remdesivir geringer, wenn auch nicht statistisch signifikant. Auch Donald Trump wurde bei seinem Corona-bedingten Spital-Aufenthalt vor Kurzem mit Remdesivir behandelt.

Die klinische Wirksamkeit konnte die WHO-Studie nun aber nicht bestätigen: «Dass hier auch Remdesivir bei grösserer Fallzahl und im ‚real world setting‘ versagt hat, ist die eigentliche Enttäuschung», sagt Clemens Wendtner, Chefarzt der Infektiologie und Tropenmedizin der München Klinik Schwabing sowie Leiter der dortigen Spezialeinheit für hochansteckende lebensbedrohliche Infektionen, gegenüber dem Science Media Center. Doch da die WHO-Studie erst vorläufig und noch nicht von Fachkollegen begutachtet ist, bleiben offene Fragen. Für Remdesivir müsse beleuchtet werden, ob zumindest eine bestimmte Patientengruppe, die zuvor von einer Therapie innerhalb der ersten zehn Krankheitstage bezüglich der Krankenhausliegezeit profitiert hatte, auch in der «Solidarität»-Studie signifikant besser abgeschnitten habe, so Wendtner.

Der bisherige klinische Standard, dass Remdesivir bei Patienten mit Atemnot und Lungenveränderungen in den ersten zehn Tagen der Erkrankung zum Einsatz kommen sollte, bleibt – vorerst – bestehen. Denn zum jetzigen Zeitpunkt ist Remdesivir, neben Dexamethason, das einzige Medikament, dass Ärzten wie Clemens Wendtner an der klinischen COVID-19-Front zur Verfügung steht.

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