Blut galt früher als der Sitz des Lebens. Das Wort entstammt dem mittelhochdeutschen «bluot», im Sinne von blühen, knospen, schwellen. Blut lässt den kleinen Menschen zum Leben erblühen und wachsen. Denn der Mensch hat so viele Zellen, dass er auf ein Medium angewiesen ist, das den Stoffwechsel sicherstellt: auf das Blut. Blut besteht zu 90 Prozent aus Wasser und enthält eine Vielzahl von Stoffen: Sauerstoff, Proteine, Salze, Zucker, Lipide, Vitamine, Hormone, gelöste Gase, aber auch Abfallprodukte wie Harnstoff und Harnsäure.

Ein umtriebiger Informant

Männer haben in der Regel sechs, Frauen fünf Liter Blut, das in ihren Körpern ohne Unterbruch zirkuliert. Als «flüssiges Organ» funktioniert es besser als jede bis heute entwickelte Maschine. Aber Blut wird allgemein unterschätzt und hat auch kulturell bedingt ein schlechtes Image: die monatlichen Blutungen der fruchtbaren Frau, die Übertragung von Aids über Blut und Blut als Resultat von Gewalt. Blutüberströmte Menschen sind zum festen Bestandteil der Filmindustrie geworden. Schneidet man sich und tritt Blut aus, ist das nie ein freudiges Wiedersehen, sondern ein störendes Ereignis.

Zum eigenen Blut eine Beziehung zu entwickeln ist wohl unmöglich, obschon Blut ein ganz zentrales Organ für das Leben eines jeden ist. Es ist nämlich das einzige Organ, das zu jeder Zeit überall im Körper ist und ständig zirkuliert.

Blut spenden

Bis heute ist es nicht gelungen, künstliches Blut herzustellen, sodass die Medizin auf natürliches Blut in Form von Spenden angewiesen ist. Der tägliche Bedarf in der Schweiz liegt bei 760 Blutspenden. Im Normalfall decken die Blutspenden in der Schweiz den Bedarf. In den Sommermonaten aber kommt es zu Engpässen. Viele regelmässige Spender befinden sich in den Ferien. Je nach Auslandsaufenthalt gelten aufgrund der Gefahr von Erregern Sperrfristen von vier Wochen bis zu sechs Monaten.

Die Blutpräparate einer Blutspende, die für die Behandlung von Patienten hergestellt werden, sind oft nur kurze Zeit haltbar: rote Blutkörperchen beispielsweise bis zu 49 Tage, Blutplättchen sogar nur sieben Tage. Diese kurze Haltbarkeit führt dazu, dass die Blutbestände stets erneuert werden müssen.

Der Blutspendedienst des Schweizerischen Roten Kreuzes ist in der Schweiz die einzige Institution, die Blutspenden entgegennehmen darf. Ein Teil davon wird an Pharmafirmen verkauft, die das Blut zur Produktion von Medikamenten benötigt. 450 Milliliter Blut werden für 170 Franken verkauft. 282 421 Beutel haben die Blutspendedienste 2017 gefüllt – und verkauft. An Spitäler und Pharmafirmen. In den vergangenen zehn Jahren sind die Spenden allerdings um 24 Prozent zurückgegangen, was über 40 000 Litern Blut entspricht.

Was so viel und ständig herumkommt, muss im wahrsten Sinne des Wortes auch viel erfahren.

Blut bietet heute fast 1000 Informationen über den Körper. Wohl werden es in Zukunft noch viel mehr sein, denn die Diagnostik in den Laboren entwickelt sich rasant weiter. Blutanalysen geben Indikationen über die Krankheiten, die heute die Gesellschaft prägen. Je besser diese Tests werden, desto verlässlicher können Tendenzen für und Vorstadien von Krankheiten erkannt und behandelt werden.

Alexandra Neumann

So ermöglichen Schwangerschaftsbluttests die Früherkennung von immer mehr Krankheiten – sogar die Gefahr einer Frühgeburt –, was somit auch zu einer grossen ethischen Herausforderung wird. Von regelmässigen Blutanalysen bei Krebspatienten versprechen sich Onkologen eine Art Frühwarnsystem, um viel früher als heute mit einer weiteren Therapie zu intervenieren. Generell sollen dank neuer Blutdiagnosen schlummernde Krankheiten in einem Stadium entdeckt werden, in dem noch eine Beseitigung mit wenig invasiven Mitteln möglich ist.

zwei Blutausstriche. Links ungefärbt, rechts gefärbt.Coinmac/Wikimedia

Für die mikroskopische Untersuchung wird Blut in einer dünnen Schicht auf einen Objektträger aufgetragen und eingefärbt. So können Blutzellen wie auch Erreger erkannt werden.

Ein Hoffnungsträger

Japanische und australische Forscher konnten derweil nachweisen, dass die Alzheimer-Erkrankung im Blut zu Veränderungen führt. Jetzt wird gehofft, dass Blutplasma junger Menschen Alzheimer abschwächen könnte. Denn bei Versuchen mit Mäusen profitierten die alten Tiere erheblich von der Blutauffrischung. Nur blieben in der Alzheimerforschung die positiven Ergebnisse aus Tierversuchen beim Menschen bisher immer aus.

Blutplasma aus eigenem Blut (entnommen und zentrifugiert) gilt derzeit als erfolgreiche Massnahme gegen Schmerzen – und auch gegen Haarverlust. Ergo: Das Blut ermöglicht zunehmend nicht-invasive Therapien.

Gesundes Blut, gesundes Leben

Heute werden bei einem Bluttest in der Regel um elf Werte geprüft. Im Mittelpunkt stehen dabei die roten Blutkörperchen, verantwortlich für den Sauerstofftransport, die Blutplättchen, zuständig für die Blutgerinnung, und die weissen Blutkörperchen, zuständig für die Bekämpfung von Erregern, also für das Funktionieren des Immunsystems. Sie lassen sich heute in 15 Untergruppen aufschlüsseln.

Berühmt ist die Leukozyten-Untergruppe der T-Killerzellen, die Krebszellen angreifen. Unbestritten ist heute, dass ein gesunder Lebensstil, vor allem Sport, das Blutbild positiv beeinflusst. Wer regelmässig trainiert, senkt den Blutzuckerwert, verbessert die Zusammensetzung des Fetts im Blut und senkt den Blutdruck.

Spezialproblem Blutdruck

In der Schweiz haben laut Schätzung der Schweizerischen Herzstiftung 1,5 Millionen Menschen einen erhöhten Blutdruck. Er führt zu Hirnschlag, Herzinfarkt, Herzschwäche, Durchblutungsstörungen in den Beinen oder Nierenschäden. Ohne Druck geht gar nichts, das Blut würde nicht im Körper zirkulieren. Jeder Herzschlag löst deshalb eine Druckwelle aus, die an die Arterien weitergeleitet wird. Je nach körperlicher Tätigkeit regulieren diese Druckwellen die Gefässweite, das Blutvolumen und die Herztätigkeit. In der Schweiz ist der Blutdruck aber bei jedem vierten Erwachsenen erhöht.

Wie kommt es dazu? Mehrere Faktoren führen zu einem erhöhten Blutdruck: Übergewicht, Rauchen, ungesunde Ernährung, fehlende Bewegung und zu viel Alkohol. Auch stark salzhaltiges Essen trägt zu einem erhöhten Blutdruck bei. Als optimal gelten 120/80 mm Hg. In Europa gilt aber die Grenze von 140/90 mm Hg.

Was man wissen muss: Der Blutdruck nimmt mit dem Alter zu, und für eine verlässliche Information sollte er mehrmals an verschiedenen Tagen gemessen werden. Besteht ein anhaltender Bluthochdruck, nehmen die Blutgefässe Schaden. Sie verengen und verdicken sich. Dadurch gelangt weniger Blut zu den Organen, was deren Versorgung mit Sauerstoff beeinträchtigt. Das Risiko für einen Herzinfarkt oder Hirnschlag erhöht sich um das Doppelte bis Zehnfache.

Als Medikamente gegen Bluthochdruck sind ACE-Hemmer verbreitet. Sie blockieren ein Hormon, das an der Gefässverengung beteiligt ist. Betablocker schirmen derweil Herz und Kreislauf vor ungünstigen Hormonen ab. Und Calciumantagonisten erweitern die Blutgefässe. Oft werden zur anhalten Blutdrucksenkung diese Mittel gleichzeitig verschrieben. Eine Alternative zu Medikamenten, die allesamt Nebenwirkungen haben können, ist ein Wandel des Lebensstils: Meditation, Sport, Intervallfasten, Verzicht auf Nikotin und Alkohol oder ein neues Hobby können nachhaltig zu einem niedrigeren Blutdruck verhelfen.

Dieser Beitrag erschien erstmals im doppelpunkt.
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