Das musst du wissen

  • Heute darf die Polizei mit DNA-Spuren vom Tatort nur das Geschlecht eines Täters ermitteln.
  • Künftig sollen Ermittler auch Haar-, Augen- und Hautfarbe sowie das ungefähre Alter in Erfahrung bringen dürfen.
  • Der Bundesrat hat einen entsprechenden Gesetzesentwurf in die Vernehmlassung geschickt.

An einem Tatort, zum Beispiel dort, wo ein Mord stattfand, findet die Polizei häufig DNA-Spuren: unter den Fingernägeln des Opfers zum Beispiel können Hautpartikel kleben, möglicherweise die des Täters. Die Polizei entnimmt eine Probe, untersucht die DNA und kann so herausfinden, ob die Partikel zu einer Frau oder zu einem Mann gehören. Mehr Informationen darf die Polizei der DNA gegenwärtig nicht entnehmen – obwohl dies möglich wäre. Das soll sich nun ändern.

In Zukunft soll die Polizei zusätzlich zum Geschlecht auch noch Haut-, Haar- und Augenfarbe sowie das ungefähre Alter und sogar die geografische Herkunft ermitteln dürfen. Einen entsprechenden Gesetzesentwurf hat der Bundesrat diese Woche in die Vernehmlassung geschickt.

Mittels DNA-Analysen können Forensiker Gene ausfindig machen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit für ein bestimmtes äusserliches Merkmal stehen – hundertprozentige Sicherheit gibt die Analyse aber nicht. Ein Resultat dieser sogenannten DNA-Phänotypisierung kann beispielsweise lauten, dass eine Person mit einer Wahrscheinlichkeit von 82 Prozent blonde Haare hat.

Die Genauigkeit der Methode wurde von Forschenden untersucht: In einer Studie von 2011 konnten Wissenschaftler bei 6168 Niederländern mit einer Treffsicherheit von über 90 Prozent die Augenfarbe anhand von DNA-Phänotypisierung bestimmen. Eine neuere Studie von 2018 zweifelt allerdings an dieser Treffsicherheit. In 36 Interviews mit Fachleuten, die professionell mit DNA-Phänotypisierung zu tun haben, wurden Stimmen laut, dass die Methode noch viel zu fehleranfällig, unsicher und unerforscht sei, um in der Praxis angewendet zu werden.

Die Niederlande sind bisher das einzige europäische Land, in dem das Verfahren explizit erlaubt ist. In allen anderen ist die DNA-Phänotypisierung nicht gesetzlich geregelt. Weil sie nicht gesetzlich verboten ist, wird sie in einigen Ländern, darunter beispielsweise Frankreich, ebenfalls durchgeführt.

Bundesrätin Karin Keller-Sutter betont gegenüber SRF, dass die DNA-Phänotypisierung ein Hilfsmittel sei, und kein Wundermittel. Man verspricht sich davon also nicht die Lösung aller Verbrechen, sondern einen weiteren Anhaltspunkt, den man für die Ermittlungen brauchen kann.

Die Ergebnisse der Phänotypisierung sollen jeweils mit Zeugenaussagen und den restlichen Indizien kombiniert werden. So ergibt sich ein klareres Bild der gesuchten Person. Die Resultate sollen nur im jeweils aktuellen Fall benutzt und nach einer bestimmten Zeit wieder aus der Datenbank gelöscht werden. Zudem kommt die DNA-Analyse nur bei Verbrechen zur Anwendung: Das sind Straftaten, die mit drei Jahren Freiheitsentzug oder mehr bestraft werden. Dazu gehören beispielsweise Vergewaltigung, Mord oder Geiselnahme. Bagatelldelikte wären von der Gesetzesänderung nicht betroffen.

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