Das musst du wissen

  • Zimmerpflanzen produzieren Sauerstoff und können zudem die Luft von Schadstoffen befreien.
  • Allerdings sind diese beiden Effekte eher bescheiden.
  • Ein anderer Effekt von Zimmerpflanzen: Sie beeinflussen positiv, welche Bakterien sich in Räumen ansiedeln.
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Zimmerpflanzen fristen oft ein dürftiges Dasein. Sogar die pflegeleichten unter ihnen müssen sich herumschlagen mit zu wenig Wasser oder zu viel, mit zu wenig Licht oder zu viel, mit zu wenig Nährstoffen, kurz: Sie sind in ihrem Töpfchen auf Gedeih und Verderb ihrem menschlichen Besitzer ausgeliefert. Eigentlich aber sollten wir Zimmerpflanzen mit Samthandschuhen behandeln.

Können Zimmerpflanzen für bessere Luft sorgen?

Viele von uns verbringen achtzig bis neunzig Prozent unserer Zeit in Innenräumen. Dort aber ist die Luft oft schlecht und belastet durch Feinstaub, Bioaerosole und andere Stoffe. Zimmerpflanzen können dagegen helfen – zumindest ein bisschen.

Denn: Pflanzen entziehen ihrer Umwelt CO₂ und setzen dafür Sauerstoff frei. Je grösser die Blätter, desto mehr CO₂ wird umgewandelt. Nur: Eine einzige Pflanze bewirkt kaum einen Unterschied in der Zusammensetzung der Luft. Forschende haben berechnet, dass es im Falle der Purpurtute (Syngonium podophyllum) eine Blattfläche von 57 Quadratmetern bräuchte, um das ausgeatmete CO₂ einer einzigen Person in einem Büro von rund 43 Kubikmeter Grösse zu kompensieren.

Science-Check ✓

Studie: Can hydroculture be used to enhance the performance of indoor plants for the removal of air pollutants?KommentarDies ist ein Kommentar der Autorin / des AutorsDie Studie fand unter kontrollierten Bedingungen statt, welche sich nicht direkt auf die Realität übertragen lassen. Die Studie ist deshalb mit Vorsicht zu geniessen und muss durch weitere Forschung bestätigt werden.Mehr Infos zu dieser Studie...

Verbildlicht heisst das: Nehmen wir einen Raum von rund zwei Metern Höhe, vier Metern Bereite und fünf Metern Länge. Und eine Purpurtute die schätzungsweise zehn Blätter mit je rund zwanzig Quadratzentimeter Fläche hat. Die gesamte Blattfläche beträgt damit zwei Quadratmeter. Es braucht also etwa 28 Pflanzen in diesem Raum, um das CO₂ einer Person zu eliminieren. Regelmässig zu Lüften hilft da besser.

Purpurtute mit pfeilförmigen Blätternflickr/Forest and Kim Starr

Eine Purpurtute (CC BY 2.0).

Doch auch wenn einzelne Zimmerpflanzen die CO₂-Konzentration nur geringfügig senken können, lohnen sie sich dennoch, denn sie haben weitere Vorteile. Zum Beispiel beeinflussen sie die Luftfeuchtigkeit und -temperatur positiv, sie erhöhen also in der Regel die Feuchtigkeit und kühlen den Raum. Und sie haben psychologische Effekte, welche wir in einem zweiten higgs-hilft-dir-Artikel beschreiben werden.

Können Zimmerpflanzen die Luft reinigen?

Pflanzen haben auch eine luftreinigende Wirkung: Bei der Photosynthese werden einerseits negativ geladenen Ionen frei, die die Luft von Staub und Aerosolen reinigen können. Aber auch hier produzieren einzelne Pflanzen, vor allem in Innenräumen, nur sehr wenige dieser Stoffe.

Andererseits absorbieren verschiedene Pflanzen Schadstoffe wie Trichlorethylen, Formaldehyd, Ammoniak und Benzol, Xylol oder Toluol, wobei unterschiedliche Teile der Pflanze eine Rolle spielen, zum Beispiel auch die Wurzeln und Bakterien, die dort leben. Die Lebensbedingungen müssen aber geeignet sein. Beispielsweise entfernte die Efeutute in einem Experiment bei einer Umgebungstemperatur von 21 Grad am effektivsten Formaldehyd aus der Luft.

Nur: Viele Versuche zur Reinigungsmacht der Pflanzen fanden in isolierten Räumen oder Boxen statt, also in Bedingungen, welche nicht mit der Realität übereinstimmen. Ob Pflanzen nun tatsächlich praktikabel sind, um die Luftqualität im Raum zu verbessern und die Schadstoffe zu reduzieren, ist noch nicht ganz geklärt. Ein Experiment in einer Schule ergab, dass sich die Qualität verbesserte. Eine neue Übersichtsstudie zu Experimenten in Boxen hingegen kommt eher zu gegenteiligen Ergebnissen.

Welche Zimmerpflanzen sind besonders gesundheitsfördernd?

Grundsätzlich gilt: Grünzeug mit viel Blattmasse ist der bessere Raumbefeuchter und Staubfänger als blühende Pflanzen. Gibt es darüber hinaus Pflanzen, die die Luft speziell gut reinigen? Ja, die gibt es. Versuche, welche Forschende in Zusammenarbeit mit der Nasa durchführten, kamen zu diesen Superperformern bezüglich Luftreinigung: zu den einheimischen Pflanzen gehört der Gemeine Efeu (Hedera helix). Weitere in der Schweiz nicht heimische Pflanzen wären Bambuspalme (Chamaedorea seifritzii), Kolbenfaden (Aglaonema Modestum), Gerbera jamesonii, Drachenbaum (zum Beispiel Dracaena deremensis und Dracaena marginata), Bogenhanf (Sansevieria laurentii), Garten-Chrysantheme (Chrysantheium morifolium), Scheidenblatt (Spathiphyllum) und Birkenfeige (Ficus benjamina).

Andere Forschende identifizierten weitere Pflanzen wie Roten Efeu (Hemigraphis alternata), die Porzellanblume (Hoya carnosa) oder Zierspargel (Asparagus densiflorus).

Was für einen Einfluss haben Zimmerpflanzen auf das Mikrobiom im Raum?

Zimmerpflanzen haben noch einen weiteren Effekt: Sie beeinflussen das Innenraummikrobiom positiv, also die Zusammensetzung der Mikroorganismen, die sich auch in Innenräumen ansiedeln. Pflanzen bringen eigene Mikroorganismen mit und das bringt Vielfalt in das Raum-Mikrobiom, was gut für unser Immunsystem ist. «Sogar die Grünlilie, die so steril aussieht, ist von mehr Mikroorganismen besiedelt als die Erde Menschen hat», sagt Gabriele Berg, Professorin für Umweltbiotechnologie an der Technischen Universität Graz. Sie ist Leiterin des Forschungsprojektes «Pflanzenassoziierte Mikroorganismen in Innenräumen». «Wo eine hohe bakterielle Vielfalt vorherrscht, gibt es weniger multiresistente Erreger», sagt sie.

Im Rahmen dieser Forschung fand sie zudem heraus, dass Bakterien und Pilze flüchtige Substanzen abgeben, die das Blatt mit einem antibakteriellen Schutzschild umhüllen. Das hilft ihnen, sich gegen Krankheitserreger zu wehren. Der für uns angenehme Nebeneffekt: «Diese Substanzen und Bakterien bekämpfen aber auch humanpathogene Bakterien und verhindern die Besiedlung der Innenräume durch diese.» Pflanzen im Raum machen also auch Erregern das Leben schwer, die den Menschen angreifen könnten.

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Können Zimmerpflanzen auch gesundheitsschädlich sein?

Aber: Pflanzen können auch schädliche Stoffe an die Umwelt abgeben, vor allem, wenn sie durch schlechte Umweltbedingungen gestresst sind – wenn auch hier wieder nur in sehr geringen Mengen. Wer gesundheitlich angeschlagen ist, kann dies eindämmen, indem er Pflanzen in Hydrokultur wählt, die also nicht in Erde wurzeln, sondern in wassergefüllten Behältern. Was aber, wenn eine Pflanze schimmelt, wäre das ein Problem? «Generell sollte man bei Schimmel vorsichtig sein, weil er enorm viele Sporen bildet, die sich verbreiten», sagt Gabriele Berg. «Und es gibt auch Leute, die darauf allergisch sind». Im Zweifelsfall sollte eine solche Pflanze entfernt werden.

Ein weiterer letzter Punkt, den es zu beachten gilt: Im Schlafzimmer nicht unbedingt viele Pflanzen platzieren, da sie in der Nacht CO₂ freisetzen können – wenn auch in geringen Mengen.

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