Als Podcast anhören
Immer häufiger geben Aussagen, die ich hier im Faktist mache, unseren Leserinnen und Lesern Anlass, sich mit kritischen Zuschriften zu melden. Das finde ich super, herzlichen Dank dafür. Denn so wird diese Sendung nach und nach zum Diskussionsformat.
Eine Frau hat mir geschildert, wie sie ihre Meerschweinchen mit Homöopathie behandelt und sieht darin den Beweis für die Wirksamkeit dieser Heilmethode.
Sie gebe den Tierchen jeweils in Wasser aufgelöste Globuli mit einer Spritze in den Mund. «Selbstverständlich kann ich […] nicht alle Tiere retten, aber der Erfolg ist beachtlich und hat schon so manchem Tier das Leben gerettet.»
Und sie fordert mich auf, zu erklären, wie das funktioniere. Der Placebo-Effekt könne es nicht sein, denn die Tiere wissen ja nicht, dass sie Globuli erhalten haben.
Selbstverständlich freut mich jedes Meerschweinchen, das so überlebt. Ein Beweis für die Wirksamkeit der Homöopathie sind solche Erlebnisse aber überhaupt nicht.
Erst einmal ist es nicht zu beweisen, dass die Meerschweinchen nicht auch ohne Globulifutter wieder gesund geworden wären. Schliesslich hat die Frau ja keine Kontrollgruppe ohne Homöopathie untersucht.
Und falls denn die Globuli-Meerschweinchen tatsächlich Heilung erfuhren, spielt die Stimmung und Haltung der verabreichenden Person ganz sicher eine Rolle. Während die Frau den Tierchen die Globuli gibt, hat sie eine bestimmte Erwartung und überträgt diese in Form von Zuneigung auf ihre Tiere – und hilft ihnen so. Auch bei Homöopathen hat die Erwartungshaltung oder die Zeit, die sie sich für ihre Patientinnen und Patienten nehmen, eine heilende Wirkung. Das nennt man in der Fachsprache Proxy-Placebo.
Ausschliessen kann man diese Effekte nur, wenn weder die Patienten – oder Meerschweinchen – noch die behandelnde Person weiss, ob ein Wirkstoff in den Globuli oder Tabletten ist. Doppelblind nennt man das Verfahren, weil beide beteiligten ohne Vorwissen und Erwartungshaltung an die Behandlung gehen. Im Idealfall wird dann der Versuch auch noch von einer Person ausgewertet, die nicht weiss, worum es Behandlung ging. Sie erhält nur die Zahlen und muss daraus Schlüsse ziehen.
Und apropos Zahlen: Ein paar genesene Meerschweinchen mit verschiedensten Erkrankungen sind einfach zu wenig, um eine Aussage über eine Behandlungsmethode zu machen. Da bräuchte es schon ein paar Dutzend, die alle exakt dasselbe Leiden haben und exakt auf dieselbe Art behandelt werden – und es braucht gleich viele, die nicht oder anders behandelt werden. Und es braucht dann eben die saubere statistische Auswertung. Erst so kann man eine Aussage über die Wirksamkeit einer Methode machen.
Aber wie gesagt: ich freue mich, dass es im Einzelfall den Tierchen wieder besser geht.