Das musst du wissen

  • Google will eine Aufgabenstellung gelöst haben, die auch für Supercomputer praktisch unmöglich zu lösen ist.
  • Aber die Tech-Firma IBM, die auch fleissig an Quantencomputern forscht, zweifelt am Google-Durchbruch.
  • Gemäss ETH-Physiker Renato Renner haben beide gewissermassen Recht.

In einer Studie von Google, die in der renommierten Fachzeitschrift Nature erschienen ist, schreibt der Tech-Gigant vom Erreichen der Quantenüberlegenheit. Das ist der Punkt, an dem Quantencomputer Aufgaben schneller lösen als heutige Supercomputer.

Wie Quantencomputer funktionieren

Heutige Computer beruhen auf einzelnen Informationspaketen, den Bits, die entweder null oder eins sein können. Das ist bei Quantencomputern anders: Sie funktionieren mit sogenannten Qubits. Die Qubits können nicht nur null oder eins sein, sondern auch alle Zustände dazwischen annehmen – und zwar gleichzeitig. Dafür sorgt ein Phänomen aus der Quantenwelt, das sich Überlagerungszustand nennt. Dieser besagt, dass der Zustand eines Objektes nicht eindeutig sein muss, sondern dass verschiedene, eigentlich gegensätzliche Zustände gleichzeitig vorkommen können. Mit Quantencomputern lassen sich deshalb alle möglichen Varianten einer Formel nicht nacheinander, sondern gleichzeitig durchrechnen. Deshalb sind sie um ein Vielfaches schneller.

Google hat mit seinem Quantencomputer eine Rechnung in zweihundert Sekunden gelöst, für welche die besten Supercomputer der Welt laut Googles Berechnungen 10 000 Jahre bräuchten. Doch Zweifel wurden laut, noch bevor das Paper öffentlich wurde – es war aus Versehen schon vorher für kurze Zeit online einsehbar. Tech-Konkurrent IBM, der seit Jahren an Quantencomputern forscht, kritisiert die Studie von Google in einem Blogpost.

Science-Check ✓

Studie: Quantum supremacy using a programmable superconducting processorKommentarDies ist ein Kommentar der Autorin / des AutorsExperte Renato Renner hält die Studie für gut, mit einer Einschränkung: Google hat unvorsichtigerweise behauptet, dass herkömmliche Computer 10 000 Jahre für die Berechnung bräuchten. Das hat IBM widerlegt. Nichtsdestotrotz ist es laut Renner ein Meilenstein, denn besser war der Quantencomputer trotzdem.Mehr Infos zu dieser Studie...

Die Wissenschaftler von IBM behaupten, sie könnten das gleiche Problem mit einem herkömmlichen Computer in zweieinhalb Tagen lösen. Das sei plausibel, sagt Renato Renner, Professor für theoretische Physik an der ETH Zürich. «Die Google-Forschenden haben eine unvorsichtige Aussage gemacht, als sie gesagt haben, dass Supercomputer dafür 10 000 Jahre bräuchten, denn sie sind von ihrem eigenen Wissensstand ausgegangen. Dass IBM einen Algorithmus entwickelt hat, der die Berechnung in zweieinhalb Tagen schafft, ist also gut möglich.»

Die Berechnung, die die beiden Computersysteme knacken sollten, wurde extra für diesen Test entworfen. Tatsächlich räumt auch eine der Studienautorinnen in einer Mitteilung der Nasa, die ebenfalls am Google-Projekt beteiligt ist, ein: «Dass wir die Quantenüberlegenheit erreicht haben, bedeutet, dass wir eine einzige Sache schneller tun können, nicht alles. Diese eine Sache ist zwar nicht sehr nützlich, aber es ist trotzdem bahnbrechend, dass wir das geschafft haben».

Dem gibt Renato Renner Recht: «Was Google geschafft hat, ist auf jeden Fall ein Meilenstein», meint Renner. Ob aber von Quantenüberlegenheit die Rede sein kann, sei schwer einzuschätzen, denn für diesen Begriff gibt es keine eindeutige Definition. «Ich denke, wir werden in ein bis zwei Jahren so weit sein, dass es völlig klar ist, dass Quantencomputer leistungsfähiger sind als herkömmliche Computer.» Dann brauche es Entwickler, die Quantencomputer programmieren können, denn davon gebe es heute auf der Welt nur eine Handvoll, so Renner. An der ETH gibt es seit diesem Jahr den Masterstudiengang Quantum Engineering.

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