Das musst du wissen

  • Regelmässiges heisses Baden bringt den Metabolismus in Schwung und kann die Entzündungswerte im Blut senken.
  • Zudem könnte regelmässiges Baden vor Herzkrankheiten und Schlaganfällen schützen.
  • Das Bad sollte allerdings nicht zu lang dauern und nicht zu heiss sein.
Den Text vorlesen lassen:

Die Abende werden in diesem Winter noch länger, denn Bars und Restaurants sind geschlossen. Das Coronavirus verbannt uns in die eigenen vier Wände. Genügend Zeit also, um ausgiebig dem Baden zu frönen. Wer jetzt regelmässig in die heisse Badewanne steigt, könnte auch in Zukunft davon profitieren.

Eine japanische Studie ergab, dass Heissbader ein tieferes Risiko haben, an einer Herzkrankheit oder einem Schlaganfall zu sterben. Dass die Untersuchung in Japan durchgeführt wurde, ist kein Zufall: Heiss Baden ist dort ein Kult, der den Bewohnern der Insel in die Wiege gelegt wurde. Denn Japan liegt genau am pazifischen Feuerring, einem Vulkangürtel. Das Land verfügt deshalb über mehr als 25 000 heisse Quellen.

Science-Check ✓

Studie: Habitual tub bathing and risks of incident coronary
heart disease and stroke
KommentarDies ist ein Kommentar der Autorin / des AutorsEs kann durch diese Studie keine Kausalität bewiesen werden. So stand eine höhere Badefrequenz auch mit einem höheren soziökonomischen Status in Verbindung, der die Risiken beeinflussen könnte, auch wenn die Autoren diese Faktoren in die Berechnungen einbezogen. Die Stichprobe bestand nur aus Japanerinnen und Japanern, die ein sehr spezifische Kultur pflegen und zum Beispiel über andere Ernährungsgewohnheiten verfügen. Auch hat Japan viele natürliche Mineralquellen mit anderer Wasserzusammensetzung. Obwohl die Stichprobe sehr gross ist, können die Ergebnisse nicht ohne Weiteres auf andere Kulturkreise übertragen werden. Die Studie kann Hinweise geben, sie müssen aber in anderen Kulturkreisen überprüft werden.Mehr Infos zu dieser Studie...

Für die Studie verfolgten Forschende den gesundheitlichen Werdegang von über 30 000 Japanerinnen und Japanern über zwanzig Jahre hinweg. Personen mit Herzkrankheiten oder Krebs wurden ausgeschlossen. Die Probandengruppe war bezüglich Alter sehr einheitlich: Alle Probanden waren zwischen 40 und 59 Jahre alt. Zu Beginn der Studie gaben die Teilnehmenden an, ob sie täglich, drei bis vier Mal die Woche, ein bis zwei Mal oder weniger als ein Mal die Woche ein Bad nahmen. Auch weitere Faktoren wie Gesundheit, sozioökonomischer Status und genereller Lebensstil wurden erfasst. Dann wurden über zwanzig Jahre hinweg die Todesursachen verstorbener Teilnehmender gesammelt. Das Resultat: Regelmässiges Baden ging mit einem verminderten Risiko einher, an einer Herzkrankheit oder einem Schlaganfall zu sterben. Je häufiger pro Woche die Probanden dem heissen Wasser frönten, desto gesünder war offenbar ihr Herz-Kreislauf-System.

Japanerinnen und Japaner baden bevorzugt in Wasser mit einer Temperatur von 40 bis 42 Grad, manchmal ist es sogar heisser als 43 Grad. Ob in so heissem Wasser oder in lauwarmem Wasser gebadet wurde, beeinflusste das Resultat jedoch nicht.

Baden bringt Herz-Kreislauf auf Touren

Der Grund für diesen Effekt könnte laut den Studienautoren darin liegen, dass Baden auch mit einem verminderten Risiko für Bluthochdruck einhergeht. Denn liegen wir im heissen Wasser, schlägt das Herz schneller. Das Schlagvolumen erhöht sich, der Gefässwiderstand verringert sich, die Gefässe werden elastischer.Pro Minute fliesst mehr Blut durch den Kreislauf und der Stoffwechsel wird angeregt. All dies sind Effekte, die sich positiv auf die Gesundheit auswirken können.

In einem Editorial warnt der Wissenschaftskolumnist und Arzt Andrew Felix Burden jedoch davor, die Risiken heisser Bäder zu unterschätzen, vor allem in fortgeschrittenem Alter ab Sechzig. Ein plötzlicher Tod im Zusammenhang mit heissen Bädern trete in Japan häufig auf. Die Todesursache sei wahrscheinlich nicht auf den Herz-Kreislauf zurückzuführen, sondern auf Überhitzung, die zu Benommenheit und Ertrinken führen könne.

Wichtig ist auf jeden Fall, nicht zu lange zu baden und nicht zu heiss, Obwohl in Japan bis zu 43 Grad heiss gebadet wird, empfehlen Experten zwischen 37 und 40 Grad. Während viele Forschende ihre Probanden eine Stunde lang baden lassen, um einen Effekt zu messen, sollten Freizeitbader auf ihren Körper hören. Wird es im Kopf schwummrig, sollte man aus dem Wasser steigen.

Wer Herzprobleme hat, sollte heisse Bäder besser ganz vermeiden. Auch Personen über Siebzig mit niedrigem Blutdruck ist Vorsicht geraten, denn der Blutdruck sinkt bei einem heissen Bad weiter – der oder die Badende könnte ohnmächtig werden.

Baden wirkt wie Sport

Grundsätzlich aber sind die positiven Effekte eines heissen Bades vielfältig. 140 Kalorien verbrannten die Probanden einer kleinen Studie während einer Stunde in heissem Wasser von Vierzig Grad. Das ist etwa so viel, wie wenn wir eine halbe Stunde spazieren gehen. Regelmässiges Baden könnte also vielleicht sogar dabei helfen, abzunehmen – wenn auch nur als ergänzende Massnahme. Und das heisse Bad wirkt auch sonst ähnlich wie Sport: Zu diesem Fazit kamen Forschende 2018 in einer Studie mit zehn übergewichtigen Probanden. Die Entzündungswerte im Blut und der Blutzuckerspiegel werden ähnlich positiv beeinflusst wie bei einem Workout.

«Je heisser das Wasser ist, desto mehr muss der Körper arbeiten», erklärt Christof Leicht, Mitautor der Studie und Sportphysiologe an der Universität Loughborough. «Der Körper versucht, eine angenehme Temperatur zu halten, also eine Körpertemperatur von 37 Grad.» Das Blut wird deshalb zur Haut umgeleitet, wo es unter normalen Umständen abkühlen würde durch das Schwitzen. Zwar schwitzen wir auch in heissem Wasser, das bringt dort zur Kühlung aber nichts. Weil das Blut zur Haut geleitet wird, steigen wir oft rot aus der Badewanne. Das hat aber noch einen anderen Effekt: «Um das Blut zur Haut zu führen, gehen die Gefässe auf und der diastolische Blutdruck sinkt», sagt Leicht. Der Blutdruck normalisiert sich nach dem Bad zwar wieder, dennoch kann der Blutdruck langfristig beeinflusst werden: Wer regelmässig badet, hat auch ausserhalb der Badewanne einen tieferen Blutdruck.

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Die Körpertemperatur kann beim Baden die Temperatur des Badewassers sogar übersteigen. Durch die Hitze werden im Körper Proteine, sogenannte Zytokine, freigesetzt, welche die Entzündungswerte positiv beeinflussen – genau wie beim Sport. Ein regelmässiger Zytokinausstoss senkt das Risiko für Herzkrankheiten, Diabetes und andere Krankheiten. Zudem kann das heisse Wasser gegen Diabetes Mellitus Typ 2 helfen.

Und auch auf die Muskeln hat das Bad eine Wirkung: Sie sind massgeblich am Zytokinausstoss beteiligt und können sogar leicht stärker werden. Baden hat also ähnliche Effekte auf den Körper wie Sport – ersetzen kann es diesen aber nicht, wie der Forscher Leicht betont.

Auch nach dem Baden kann eine positive Wirkung auftreten: In einer Studie mit neun älteren Frauen mit Schlafproblemen fielen diese nach dem heissen Bad in einen tieferen und erholsameren Schlaf.

Viele Studien zum Thema Baden sind zwar klein und müssen noch durch weitere Forschung bestätigt werden. Und viele der Effekte sind auch bei anderen Tätigkeiten wie Sport zu beobachten. Klar ist aber: Baden hat zumindest kleine positive Effekte. Also ab in die Badewanne.

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