Lebewesen zu züchten, die sowohl aus Mensch als auch aus Tier bestehen, ist in der Schweiz verboten. Hingegen ist dies in anderen Ländern zu Forschungszwecken erlaubt, beispielsweise in den USA.

Forschern des Salk-Instituts in Kalifornien ist es gelungen, Mischwesen – sogenannte Chimären – aus Mensch und Schwein zu erzeugen. Sie injizierten menschliche Stammzellen in wenige Tage alte Schweine-Embryos, die sie anschliessend weiblichen Schweinen einpflanzten. Die Embryos entwickelten sich für drei bis vier Wochen, danach wurden sie getötet und untersucht. In ihnen fanden die Forscher auch menschliche Zellen, die sich vermehrt und zur Bildung verschiedener Gewebe beigetragen hatten. Die Resultate wurden in der Fachzeitschrift «Cell» veröffentlicht. «Das langfristige Ziel dieser Methode ist es, menschliche Ersatzorgane für Transplantationen zu züchten», sagt Jun Wu, Stammzellforscher und Erstautor der Arbeit.

Organ aus einer Mausratte

Das könnte tatsächlich gelingen, wie eine weitere Studie zeigt, die eine japanische Forschungsgruppe fast zeitgleich veröffentlicht hat. Die Wissenschaftler erzeugten Chimären aus Ratten und Mäusen. Dazu verwendeten sie Rattenembryos, in welche sie Mäusezellen injizierten. Die fremden Zellen wuchsen in der Ratte zu einer Bauchspeicheldrüse heran. Dass diese auch tatsächlich funktioniert, bewiesen die Forscher, indem sie sie in diabeteskranke Mäuse transplantierten und diese so von der Krankheit heilten.

Dass solche Experimente bei vielen Menschen Unbehagen auslösen, findet Nikola Biller-Andorno nachvollziehbar. Sie ist Leiterin des Instituts für Biomedizinische Ethik und Medizingeschichte der Universität Zürich. «Es entsteht schnell der Eindruck, dass Frankenstein-Forschung betrieben wird», sagt sie. Deshalb sei es wichtig, dass Wissenschaftler ihre Ergebnisse richtig kommunizieren und sich an der öffentlichen Diskussion beteiligen. Sie hält das Ziel, mithilfe von Chimären Ersatzorgane herzustellen und kranken Menschen zu helfen, für ethisch vertretbar. Doch Forscher müssten alles tun, um zu verhindern, dass dabei Wesen mit menschlichen Eigenschaften entstehen – etwa solche, die ein menschliches Gehirn, Hände oder ein Gesicht besitzen. «Niemand möchte einen Schweinemenschen herumlaufen sehen, auch ich nicht», sagt Biller-Andorno. Deshalb müsse sichergestellt sein, dass menschliche Zellen sich nicht beliebig in einem Tierkörper ausbreiten, sondern nur gezielt in bestimmten Organen wachsen.

Menschlicher Anteil gering

An entsprechenden Methoden, die das verhindern sollen, arbeiten die kalifornischen Forscher nach eigenen Angaben bereits. Wie weit die Wissenschaft derzeit noch von echten Tier-Mensch-Chimären entfernt ist, machen Zahlen aus der aktuellen Studie deutlich: Von knapp 1500 Embryos, welche eingepflanzt wurden, wuchsen nur 186 in der Gebärmutter der Sauen an. Und nur etwa bei der Hälfte fanden sich Zellen menschlichen Ursprungs – allerdings sehr wenige. Die Chimären waren immer noch zu über 99,9 Prozent Schwein.

Die Erstversion dieses Beitrags erschien am 3. Februar 2017
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