Forscher der Universität Konstanz, des Konstanzer Max-Planck-Instituts für Verhaltensbiologie und der Eötvös Loránd University (Ungarn) haben die Suchstrategien von Rattengruppen in einem Labyrinth analysiert. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben die Tiere nicht allein, sondern in Gruppen in ein Labyrinth gesetzt und das Verhalten jeder einzelnen Ratte mittels Video-Tracking simultan erfasst, während diese gemeinsam ihre Umgebung erkundeten. Dabei zeigte sich, dass Ratten einfache Verhaltensregeln anwenden, mit denen sie in der Gruppe überdurchschnittliche Suchleistungen erzielen.

«Wir haben festgestellt, dass Gruppen bei der Suche nach einem Ziel besser abschneiden als Individuen, selbst wenn sie nur begrenzt in der Lage sind, zu kommunizieren oder Informationen auszutauschen. Die einfachen Suchstrategien dieser Gruppen, die wir in unserer Studie entdeckt haben, könnten die Entwicklung neuer Algorithmen für kollektive Suchanwendungen anstossen», sagt Máté Nagy von der Eötvös Loránd University in Ungarn, der die Studie während seines Forschungsaufenthaltes am Konstanzer Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie und an der Universität Konstanz durchführte.

Seit Jahrzehnten greifen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zur Erforschung von Navigation, Gedächtnis und Lernverhalten auf eine klassische experimentelle Suchaufgabe zurück: Eine einzelne Ratte wird in einem komplexen Labyrinth auf die Suche nach einer Belohnung geschickt. Ratten sind jedoch äusserst soziale Tiere, die in der Natur komplexe Höhlensysteme als Lebensraum erschaffen und bewohnen. Dennoch ist sehr wenig darüber bekannt, wie sie als Gruppe auf Erkundung gehen. In der neuen Studie verwandelten Forschende aus Deutschland und Ungarn das klassische Suchexperiment in die erste experimentelle Studie zum Gruppensuchverhalten von Nagetieren in einem Labyrinth.

Eine soziale Aufgabe

Die Forschenden wollten klären, wie Individuen in einer Gruppe mit einem gemeinsamen Ziel Entscheidungen treffen. Wie sehr sollte sich beispielsweise jedes Einzeltier auf seine eigene Suche allein konzentrieren, wie sehr darauf achten, was andere tun? Inwieweit sind Kommunikation und Koordination zwischen den Gruppenmitgliedern erforderlich? In der Gruppe schnitten die Ratten bei den Suchaufgaben besser ab, als wenn sie auf sich allein gestellt waren. Als die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Entscheidungen der Ratten an den Labyrinth-Kreuzungen genauer untersuchten, stellten sie fest, dass sich das Agieren der Gruppenmitglieder auf einfache Regeln reduzieren lässt: Beschreite unerforschte Wege, aber folge anderen Ratten.

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Zur Bestätigung der Allgemeingültigkeit dieser Regeln führten die Forschenden anhand von Computermodellen eine grosse Anzahl an Simulationen durch, um die Effektivität verschiedener Kombinationen dieser einfachen Regeln zu untersuchen. Sie stellten fest, dass Individuen bei der Suche in der Gruppe am besten abschnitten, wenn sie das richtige Gleichgewicht zwischen der Erkundung im Alleingang und dem Folgen anderer Ratten gefunden hatten. Aus beiden Extremen − andere vollständig zu ignorieren bzw. anderen zu sehr zu folgen − resultierten sowohl für die Gruppe als Ganzes als auch für jedes einzelne Mitglied auf lange Sicht schlechtere Leistungen.

Dieser Beitrag erschien zuvor im doppelpunkt und auf der Onlineplattform der Max-Planck-Gesellschaft.
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