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Der Tesla Model 3 war letztes Jahr das meistverkaufte Auto in der Schweiz: 5072 Stück wurden davon abgesetzt. Knapp dahinter liegt der Octavia von Skoda mit 4969 Einheiten. Ein Kopf-an-Kopf-Rennen also, das auch die Meinungen oder Überzeugungen der Käuferschaft widerspiegelt.

Natürlich ist der Umstieg auf ein Elektrofahrzeug für viele ein Trend, den man nicht verpassen will, wenn man in sein will. Aber das Argument Umwelt spielt beim Wechsel auf elektrisch auch immer eine Rolle. Dem halten andere entgegen, dass Elektroautos zwar im Betrieb umweltfreundlicher seien als Benziner, weil sie kein CO₂ ausstossen. Dafür entstünden die Emissionen einfach bei der Herstellung der Fahrzeuge und Batterien und der Gewinnung des Stroms. Was also ist über alles gerechnet sauberer: Elektroautos oder Benziner?

Diese Frage klärt nun eine aktuelle Studie der amerikanischen Yale University. Die Forschenden kommen zu einem deutlichen Ergebnis. Je schneller die Benziner durch elektrisch betriebene Fahrzeuge ersetzt werden, desto besser. Und ziemlich überraschend: Batteriebetriebene Autos sind auch umweltfreundlicher als solche, die mit Wasserstoff und Brennstoffzellen ihren Strom an Bord herstellen.

Zu diesen Schluss kommen die Forschenden, nachdem sie Modellrechnungen durchgespielt haben, die nicht nur die direkten Emissionen am Auspuff berücksichtigen, sondern auch jene beim Bau des Fahrzeugs und bei der Gewinnung von Strom beziehungsweise Benzin. Sie haben also Energierechnungen mit Ökobilanzen kombiniert. Und sie haben in ihren Modellrechnungen einen Preis für die CO₂-Emission eingeführt. Logisch schneidet das Elektroauto besser ab, wenn man nur die Auspuffemissionen bepreist. Doch – und dies hat auch die Fachleute überrascht – beim Elektrofahrzeug sind auch die Umweltkosten über alles, also inklusive Bau des Fahrzeugs und Energiegewinnung, deutlich tiefer als beim Benziner. Und darum führt eine Bepreisung des ganzen Lebenszyklus zu einem schnelleren Umstieg auf elektrisch – und zu einer stärkeren Reduktion des CO₂-Ausstosses.

Konkret gerechnet haben die Studienautoren für die Herstellung der Fahrzeuge mit 16-38 Gramm CO₂ pro gefahrenem Elektrofahrzeugkilometer. Für die Stromerzeugung mit 66-86 Gramm (CO₂/km). Demgegenüber können die Emissionen bei der Herstellung von Benzin tiefer, aber auch sehr viel höher sein, wie jüngere Studien (hier und hier) belegen: nämlich zwischen 15 und 320 Gramm CO₂/kWh. Das kann gerne gleich viel sein, wie das Benzinauto im Betreib direkt ausstösst (Auspuffemissionen von etwa 250 Gramm CO₂/kWh). Dann haben sie einen Preis von 150 Dollar pro ausgestossene Tonne CO₂ eingerechnet.

Resultat: Schon ein Preis für die direkten Auspuffemissionen führt zu einem fast vollständigen Verschwinden der Benziner bis 2050. Wenn man die CO₂-Emission über die ganze Kette von Fahrzeugbau, Energiebereitstellung und Betrieb mit einem Preis belegt, geht die Umstellung deutlich schneller. Und wenn man Wasserstoff aus Erdgas erzeugt, hat auch das Wasserstoffauto keine Chance, sich durchzusetzen.

Natürlich stimmt es, dass der stärkere Absatz von batteriebetriebenen Elektrofahrzeugen zu einem höheren Stromverbrauch führt. Aber die daraus resultierenden Umweltkosten sind relativ gering im Vergleich zu den Emissionen aus der Gewinnung von Benzin und Diesel.

Und diese Zahlen sind auf die USA bezogen, wo noch viel Strom aus fossilen Energieträgern erzeugt wird. Wenn man Strom wie die Schweiz mit viel Wasserkraft gewinnt, verschiebt sich das Verhältnis weiter zugunsten der Elektrofahrzeuge.

In ihrem Fazit bemängeln die Autoren der Yale-Studie, dass es bis heute keine Verkehrspolitik gibt, die konsequent auf die Reduktion aller Arten von Emissionen entlang der gesamten Lieferkette abzielt. Und sie bemängeln, dass sogar der Weltklimarat IPCC die Material- und Ressourceneffizienz zu wenig in die Strategien zur Dämmung der Klimaerwärmung einbezieht.

Fazit: Wer die schnelle Dekarbonisierung des Verkehrs befürwortet, soll nicht auf die Karte Wasserstoff setzen und schleunigst einen Preis für alle CO₂-Emissionen entlang des ganzen Lebenszyklus von Fahrzeugen einführen.

Der Faktist

Der Faktist schaut ganz genau hin. Im Dschungel der wissenschaftlichen Studienresultate behält er den Überblick. Zeigt, was zusammenhängt. Und was einfach nicht aufgeht. Der Faktist ist Beat Glogger, Gründer und Chefredaktor von higgs. Jeden Dienstag als Sendung auf Radio 1 und als Video auf higgs.
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