Vivienne ist die Lebenspartnerin eines begeisterten Wanderers. Ihre Leidenschaft für die Berge hält sich in Grenzen, aber weil es ihr wichtig ist, die Freizeit mit ihrem Mann zu verbringen, der unter der Woche viel arbeitet, begleitet sie ihn gerne. Und damit alles schön in Harmonie verläuft, wendet sie an Wandertagen einen Trick an. Schon zum Frühstück trinkt sie wenig. Denn ihr Harndrang während der Wanderung hat immer wieder zu Diskussionen und auch Spannungen geführt. «Was, du musst schon wieder, jetzt warst du doch erst», bekam sie oft zu hören. Sie fühlte sich dadurch als Bremsklotz und Störfaktor. Seit der drastischen Trinkeinschränkung während der Wanderung hat sich dieses Problem gelöst. Aber vielleicht ergibt sich daraus ein gesundheitliches Problem. Bei körperlicher Anstrengung auf Flüssigkeit zu verzichten ist kein guter Rat.

Viviennes Problem haben viele. Häufiger Harndrang fern von zu Hause kann die Geduld anderer strapazieren und das Zusammensein stören. Ein humorvoller Umgang damit kann oft hilfreich sein. Aber ab welchen Abständen wird der Gang zum Wasserlassen zu einem gesundheitlichen Alarmzeichen? Die weibliche Blase fasst um vier Deziliter, die männliche um fünf Deziliter Harn. Das entspricht vier bis fünf Mal Wasserlassen am Tag, wenn man zwei Liter trinkt. Wer mehr trinkt, muss öfter, was vor allem auch von der Empfindlichkeit der Blasensensoren abhängt.

Vor allem, wer viel Kaffee oder alkoholhaltige Getränke trinkt. Denn Koffein und Alkohol haben eine wassertreibende Wirkung. Kommt es dabei noch zu einer Temperaturschwankung, kann sich der Harndrang schnell intensivieren. Durch die Zufuhr von Alkohol reduziert sich für eine gewisse Zeit die Ausschüttung des Antidiuretischen Hormons (ADH). Es sorgt dafür, dass der Körper bestimmte Flüssigkeiten länger bei sich behält, um daraus so viele für ihn nützliche Substanzen wie möglich zu extrahieren. Es dauert allerdings einen Moment, bis der Alkoholkonsum Auswirkungen auf das ADH-Niveau hat, was den plötzlichen Harndrang erklärt. Bei Bierkonsum entsteht noch ein zusätzlicher Blasendruck durch die Kohlensäure. Das Koffein regt derweil das Nervensystem an und sorgt zudem für eine bessere Durchblutung der Nieren. Das Herz pumpt mehr Blut in den Körper, was auch die Nierengefässe erweitert. Die Urinproduktion hängt aber hauptsächlich davon ab, ob der Wasserhaushalt des Kaffeetrinkers ausgeglichen war oder ob ein leichter Wassermangel herrschte.

Permanenter Stimulus

Eine Harnwegs- und Blaseninfektion, von der Frauen viel häufiger betroffen sind als Männer, löst einen permanenten Stimulus aus, Wasser zu lassen, auch wenn die Blase fast leer ist. Neben intensivem Harndrang ist auch ein Brennen beim Wasserlassen spürbar.

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Plötzlich vermehrter Harndrang bei anhaltendem Durstgefühl kann derweil ein Symptom für Diabetes sein. Herzschwäche oder eine Schilddrüsenerkrankung führen ebenfalls zu vermehrtem Harndrang. Deshalb sollte bei einer anhaltenden Auffälligkeit ein Arzt konsultiert werden. Hilfreich ist in solchen Fällen ein Urinprotokoll über die Zeiten des Toilettengangs und über die Menge der konsumierten Getränke. Das ermöglicht es dem Arzt, die Ursache schnell zu ermitteln. Oft hilft es auch, Nahrungsmittel wegzulassen, die viel Histamin enthalten oder es im Körper freisetzen (Erdbeeren, Ananas, Tomaten, Sauerkraut, Parmesan und Rotwein).

Bei Männern führt die gutartige Vergrösserung der Prostata zu einer Verengung der Harnröhre, wodurch die Blase mehr Druck zur Entleerung aufwenden muss. Das hat zur Folge, dass sich die Blase nicht mehr vollständig entleert. Der Restharn führt dazu, dass der Harndrang schneller zurückkehrt als bei einer vollständig entleerten Blase. Je nach Vergrösserungsgrad der Prostata helfen in diesen Fällen Medikamente mit einem Alphablocker. Die glatte Muskulatur des Blasenhalses, der Harnröhre und der Prostata wird nach der Einnahme eines Alphablockers entspannt, was einen erleichterten Harnabfluss ermöglicht. Alphablocker sind aber rezeptpflichtig.

Dieser Beitrag erschien erstmals im doppelpunkt.
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