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In diesen Tagen baue ich bei meinem Haus eine Erdsonden-Wärmepumpe ein. Damit werde ich künftig heizen. Und zur Gewinnung des Stroms ist die Photovoltaik-Anlage auf dem Dach für nächstes Jahr geplant.

Das finden zunächst natürlich alle Nachbarn und Bekannten toll. Aber wisst ihr, was ich an Kommentaren dazu auch immer wieder höre?
«Lohnt sich das?»

Das ist eine absurde Frage, darum gebe ich auch eine absurde Antwort: «Ich habe es nicht berechnet. Und es interessiert mich auch gar nicht.»

«Was?», fragt dann mein Gegenüber. «Du musst doch wissen, ob sich die Investition in diese Energieanlage lohnt. Wann hat sie sich amortisiert?»

Also, erstens ist Solarstrom gegenwärtig der günstigste Strom auf dem Markt, und zweitens ist die Frage «Lohnt sich das?» der völlig falsche Ansatz.

Denn bei welcher anderen Anschaffung ausser bei einer Anlage zur Energiegewinnung fragt man sich, ob es sich lohnt?

«Hat sich jemals jemand gefragt, ob sich ein Auto lohnt?»

Lohnen sich teure Jeans? Ein Designerkleid?
Nein, das kauft man einfach, weil man es will. Es gibt keine ökonomische Rechnung, der man die Anschaffung von Designerklamotten unterziehen könnte. Denn bei Kleidern geht es nicht um Wirtschaftlichkeit, sondern um Gefühle. Es geht um das gute Gefühl, das man hat, wenn man diese Jeans oder das Kleid trägt.

Okay, Kleider sind schwer mit einer Erdsonde oder einem Solardach zu vergleichen. Nehmen wir ein anderes Beispiel: E-Bikes boomen gegenwärtig. Da sage ich auch: Toll. Aber ich füge nicht an, lohnt sich das? Denn ein E-Bike lohnt sich nicht. Es bringt dich zwar von A nach B, erlaubt dir auf Berge zu fahren, die du ohne Motor nicht schaffen würdest, und macht Spass. Aber wirtschaftlich lohnenswert ist es nicht. Und energiemässig sowieso nicht. Es verbraucht bloss Strom und speist keine Wattstunde ins Netz. Solange das E-Bike einfach eine zusätzliche Anschaffung ist und keine Autofahrten ersetzt, ist es energetisch ein Verlustgeschäft. Trotzdem kaufen wir E-Bikes.

Nehmen wir noch ein anderes Beispiel: Autos – egal ob Stromer oder Benziner. Hat sich jemals jemand gefragt, ob sich ein Auto lohnt? Die grossen ganz bestimmt nicht, denn mit einem kleineren kommst du auch bloss von A nach B. Aber auch die kleinen lohnen sich nicht. Sie verbrauchen einfach Energie und irgendwann sind sie kaputt. Auch die Teslas, die jetzt boomen und zum Statussymbol für reiche umweltbewusste Menschen geworden sind.

Niemand hat mich oder dich je gefragt, ob sich die Anschaffungskosten eines Autos je amortisieren. Weil jeder weiss, sie tun es nicht.

«Hat irgendjemand mal gefragt, wann sich ein Ziegeldach amortisiert?»

Warum also fragt man das bei der Anschaffung einer Erdsonden-Wärmepumpe oder eine Solaranlage?
Egal, ob sie sich in drei, fünf, sieben oder erst in neun Jahren gegenüber meiner gegenwärtigen Energierechnung lohnen, sie wird sich amortisieren. Und sie schont die Umwelt und das Klima.

Absurd ist die Frage nach der wirtschaftlichen Amortisation auch bei einem Solardach. Hat irgendjemand mal gefragt, wann sich ein Ziegeldach amortisiert? Oder hat man je gefragt, wann sich die Glasverkleidung eines Hochhauses amortisiert? Oder eine vorgehängte Steinfassade? Warum fragt man das bei einer vorgehängten Solarfassade? Eine Glasfassade, eine Steinfassade sind reine Energieverbraucher – bei der Produktion, bei dem Transport und der Montage. Im Gegensatz dazu gewinnt eine Solarfassade Energie. Egal, wie schnell sie die Anschaffungskosten amortisiert. Sie tut es.

Darum hat zum Beispiel die Bauherrschaft einiger Wohnblocks in Winterthur eine Solarfassade nicht nur auf der Südseite, sondern rundherum, auch gegen Norden eingebaut. Egal wie wenig die nach Norden ausgerichteten Panels bringen, sie bringen etwas. Und das Haus sieht toll aus. Auch hier geht es also um Design, Geschmack, Gefühl.

Auch meine Erdsondenheizung war ein gefühlsmässiger Entscheid. Die Wirtschaftlichkeit spielt wirklich keine Rolle, denn das Ziel der Schweiz, beim Ausstoss von Treibhausgasen bis 2050 auf netto Null zu kommen, bringt es mit sich, dass Banken, wie zum Beispiel die ZKB, Anlagen für die Gewinnung erneuerbarer Energien mit extrem tiefen Hypotheken ermöglichen. Man rechne: Für die 50 000 Franken Anschaffungskosten der Erdsonde gibt es eine Hypothek von unter einem Prozent. Das macht einen Jahreszins von weniger als 500 Franken. Vierzig Franken im Monat. So viel gibt man locker fürs Handy-Abo aus. Natürlich kommen da noch die Rückzahlkosten dazu. Aber trotzdem: Die Finanzen sind einfach kein Ding. Denn mit Erdwärme und Solarstrom in Kombination heize ich künftig gratis.

Und es geht wie bei Kleidern oder einem Auto um Emotionen. Und ich kann euch sagen, es ist ein verdammt gutes Gefühl, zu wissen, dass wir künftig nicht mehr auf russisches Gas oder arabisches Öl angewiesen sind.

Ach ja, eine Nachbemerkung: Neben dem wirtschaftlichen gibt es auch noch das energetische Argument gegen eine Solaranlage. Sie verbrauche bei ihrer Herstellung mehr Energie als sie jemals gewinnen werde – heisst es. Dieser Behauptung gehe ich nächste Woche nach.

Der Faktist

Der Faktist schaut ganz genau hin. Im Dschungel der wissenschaftlichen Studienresultate behält er den Überblick. Zeigt, was zusammenhängt. Und was einfach nicht aufgeht. Der Faktist ist Beat Glogger, Gründer und Chefredaktor von higgs. Jeden Dienstag als Sendung auf Radio 1 und als Video auf higgs.
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