Das musst du wissen
- Die Landwirtschaft emittiert derzeit 13 Prozent des Schweizer Treibhausgasausstosses.
- In der Landwirtschaft ist vor allem die Rindviehhaltung verantwortlich dafür.
- Auf proteinreiche pflanzliche Produkte wie Lupinen umzusteigen, ist allerdings nicht so einfach.
Landwirte stecken derzeit in der Bredouille: Sie müssen nicht nur immer mehr produzieren, um den steigenden Nahrungsbedarf zu decken, sie müssen das auch zunehmend umweltverträglich tun. Das bedeutet: Der Einsatz von Dünger und Pestiziden soll sinken – dasselbe gilt für den Ausstoss von Treibhausgasen. Und das könnte bedeuten: Weniger Kühe und Rinder.
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Die Landwirtschaft verantwortet rund 13 Prozent der in der Schweiz emittierten Treibhausgase. Den Löwenanteil daran verursachen Kühe und Rinder durch das berüchtigte Gas Methan, das sie ausstossen.

Die vielfältigen Umweltwirkungen der Landwirtschaft: Unter anderem gelangen die Treibhausgase Methan, Lachgas und Kohlendioxid in die Atmosphäre.
Würden nur Nahrungsmittel angepflanzt, die direkt auf dem Teller landen, anstatt den Umweg über den Kuhmagen zu nehmen, liesse sich der Ausstoss klimawirksamer Gase vermeiden. Ausserdem boomt der Markt für pflanzliche Fleischersatzprodukte. Sollte eine zukunftsorientierte Landwirtin diese Chance also ergreifen, ihre Weiden aufgeben und stattdessen proteinreiche Pflanzen wie etwa Lupinen oder Gelberbsen kultivieren?
So einfach ist das nicht. «Die Schweiz ist ein Grasland», schreibt Christian Hofer, Direktor des Bundesamts für Landwirtschaft (BLW) auf Anfrage von higgs. An vielen Orten – etwa in den Bergen – könne das Land gar nicht genutzt werden, ausser eben als Kuhweide. «Gerade darum übernehmen unsere Wiederkäuer eine wichtige Aufgabe. Sie setzen vorhandene natürliche Ressourcen in Lebensmittel um», führt er aus. Im Flachland gibt es zwar Weiden, die sich für den Pflanzenbau eignen würden. Das allein reiche indes nicht, so Hofer: «Erfolgreich ist der Anbau proteinreicher Pflanzen dann, wenn die agronomischen, lebensmitteltechnologischen und marktspezifischen Faktoren stimmen». Erstens müssen also die landwirtschaftlichen Bedingungen – etwa die Bodenfruchtbarkeit – stimmen. Zweitens muss die Technologie vorhanden sein, um die Pflanzen zu Lebensmitteln verarbeiten zu können. Und drittens und vielleicht am wichtigsten: Die Nachfrage nach dem Produkt muss da sein.
Auch der Direktor des Schweizer Bauernverbands, Martin Rufer, würde den Bauern nicht empfehlen, ihre Tiere aufzugeben. «Es nützt nichts, wenn wir die Rindviehhaltung in der Schweiz reduzieren, aber der Konsum gleich bleibt», sagt er. «Dann lagern wir die Produktion und mit ihr die Treibhausgasemissionen einfach ins Ausland aus.» Aktuell stillt die inländische Fleischproduktion rund 80 Prozent des Fleischappetits der Schweiz. Es wäre dem Klima damit gedient, wenn die gesamte Nachfrage mit hiesigem Fleisch gedeckt würde. So käme es nicht zu unnötigen Transportemissionen. Wenn es nach Martin Rufer ginge, müsste sich erst das Konsumverhalten der Bevölkerung ändern. «Man könnte einen grossen ökologischen Effekt erzielen, indem man das ganze Tier isst, inklusive aller Nicht-Edelstücke, wie beispielsweise den Füssen», erklärt Rufer. Diese aber verschmäht die Kundschaft grösstenteils.
Aus der Verantwortung schleichen können sich die Bäuerinnen und Bauern trotzdem nicht. «Die Landwirtschaft ist gefordert», sagt Rufer bestimmt. Es gebe einige Hebel, um die Treibhausgasemissionen einzudämmen: «Ein erfolgsversprechender Ansatz sind die Futtermittelzusätze. Bestimmte Stoffe reduzieren die Methanproduktion im Kuhmagen.» Auch der Hofdünger bietet eine Chance: «Wenn man die Gülle in Biogasanlagen verwerten würde, könnte man eine massive Reduktion der Treibhausgase bewirken».
Das Potenzial, die Rindviehhaltung klimafreundlicher zu gestalten, ist also da – auch ohne sich ganz von den Tieren verabschieden zu müssen. Verdrängen werden Erbsen das Rindfleisch also nicht von ihren Schweizer Weiden. Vielleicht aber aus dem einen oder anderen Ladenregal, denn: Wie sich der Markt verändert, haben die Konsumentinnen und Konsumenten in der Hand.