Das musst du wissen

  • Die Qualität des Schweizer Grundwassers wird immer schlechter – vor allem wegen Substanzen aus der Landwirtschaft.
  • In einem Faktenblatt fürs Parlament betonen ETH-Forschende, dass die Schweiz zu wenig für die Wasserqualität tut.
  • Das hörte Bundesrat Guy Parmelin nicht gerne. Er sorgte laut Medien dafür, dass das Papier unter Verschluss bleibt.

Pestizide und Dünger aus der Landwirtschaft verschmutzen unser Grundwasser zusehends – das steht in einem Bericht des Bundesamtes für Umwelt (Bafu) vom August. Das gefährdet je länger je mehr auch die Qualität des Trinkwassers.

Dass die Lage ernst ist, finden auch Experten der Eawag, des Wasserforschungsinstituts der ETH. Zu Beginn eines vierseitigen Faktenblatts, aus dem der «Blick» zitiert, schreiben sie: «Es besteht Handlungsbedarf!» Und: «Negative Effekte auf Fortpflanzung, Entwicklung und Gesundheit von Pflanzen, Tieren und Mikroorganismen müssen befürchtet werden.»

Ein Treffen mit dem ETH-Rat

Diese Worte bekam die Öffentlichkeit bislang nicht zu lesen. Denn Landwirtschaftsminister Guy Parmelin soll laut der Zeitung persönlich dafür gesorgt haben, dass der Bericht, der ursprünglich fürs Parlament erstellt wurde, unter Verschluss bleibt. Dafür habe er beim ETH-Rat, dem höchsten Aufsichtsorgan der Hochschule, interveniert – es kam gar zu einem Treffen. Parmelin sehe im Bericht eine politische Einflussnahme.

Das Thema ist brisant, weil sich das Parlament zurzeit mit zwei Volksinitiativen zur Wasserqualität beschäftigt: Die Trinkwasser-Initiative fordert, dass Bauern keine Direktzahlungen mehr bekommen, wenn sie Schädlinge chemisch bekämpfen. Die Pestizid-Initiative will ein Verbot von künstlichen Schädlingsbekämpfungsmitteln.

Die Forschenden betonen im Eawag-Papier ihre Unabhängigkeit und geben explizit keine Stimmempfehlung zu den Initiativen ab. Sie halten aber fest, dass die Schweiz aus ihrer Sicht zu wenig für die Sicherung der Wasserqualität unternimmt.

Kritik am Bundesrat unerwünscht

Doch das ist nicht alles: Nachdem ein Professor der ETH und Eawag die Pestizidstrategie des Bundes öffentlich kritisiert hatte, verschickte die Eawag-Direktorin ein internes Memo. Im Schreiben, das dem «Blick» vorliegt, heisst es: «Bundesrat Parmelin brachte explizit seine Haltung zum Ausdruck, dass Angestellte der Eidgenossenschaft (inklusive Angestellte im ETH-Bereich) vom Bundesrat getroffene Entscheide nicht öffentlich kritisieren sollen».

Am Montagnachmittag hat sich Guy Parmelin zu den Vorwürfen geäussert: Er habe die Veröffentlichung des Faktenblattes nicht verboten. «Diese Aussage ist falsch», sagt der SVP-Bundesrat in einer Videobotschaft auf Twitter. «Ich habe nie einen Maulkorb verhängt.» Es habe ein Treffen zwischen ihm und der Eawag-Führung gegeben. «Unser gemeinsames Ziel ist klar: Einerseits die Unabhängigkeit der Wissenschaft und andererseits ihre politische Neutralität sicherzustellen.» Ob er der Institution nahegelegt hat, den Bundesrat nicht öffentlich zu kritisieren – darauf ging Parmelin nicht ein.

Bereits zuvor hatte das Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung die Vorwürfe der Einflussnahme und Zensur im «Blick» bestritten: «Forschende dürfen sich mit ihren Fakten immer äussern.»

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