Bakterien sind überaus findig, wenn es darum geht, ihr Fortkommen zu sichern. Nicht nur, dass sie über Artgrenzen hinweg Gene austauschen, sie können selbst fossile DNA-Fragmente in ihr Erbgut einbauen. Man muss sich das so vorstellen, dass Bakterien im Boden auf DNA-Fragmente stossen und sich diese, auch wenn sie bereits mehrere 100‘000 Jahre alt sind, gewissermassen über die Zeitgrenzen hinweg einverleiben. Das wird als anachronistische Evolution bezeichnet – normalerweise findet der Gentransfer zwischen lebenden Organismen statt. Herausgefunden hatte das Søren Overballe-Petersen vom Zentrum für Geogenetik der Universität Kopenhagen in einem Experiment, bei dem er Bodenbakterien der Gattung Acinetobacter in eine Nährlösung mit kurzen DNA-Fragmenten aus einem 43‘000 Jahre alten Mammutknochen brachte. Dabei konnten die Forscher beobachten, wie die Bakterien die alte DNA in ihr Erbgut integrierten. Bisher dachte man, dass die DNA-Fragmente aus der Umwelt, also Nukleinsäure und Zuckerphosphate, die den Bakterien auch als Nährstoffe dienen, dafür viel zu kurz seien und in den Zellen schnell wieder abgebaut würden. Der grosse Vorteil dieses zeitenüberschreitenden Gentransfers ist, dass die Bakterien in ihrer Entwicklung gleich mehrere Schritte weiterkommen – die Evolution kann mit grösseren Abschnitten arbeiten und die DNA von uralten Organismen kann plötzlich wiederauftauchen.

NOAA

Selbst in lebensfeindlichen Umgebungen wie im kochend heissen Wasser von «Schwarzen Rauchern» in der Tiefsee überleben Bakterien.

Auch sonst sind Bakterien wahre Überlebenskünstler – sie sind in den lebensfeindlichsten Umgebungen wie etwa den «Schwarze Raucher» genannten Schloten in der Tiefe des Pazifiks anzutreffen, wo Temperaturen von an die 300 Grad Celsius herrschen. Die dort gefundenen Mikroorganismen, «Stamm 121» genannt, überstehen selbst die Temperaturen in Autoklaven, die zur Sterilisation medizinischer Instrumente benötigt werden und ansonsten alle bisher bekannten Bakterien abtöten. Aber auch in der Eiswüste der Antarktis gibt es Mikroorganismen, denen es prächtig geht: Alles eine Frage der Anpassung, die den kleinen Einzellern fast überall bestens zu gelingen scheint. So gibt es aerobe Bakterien, die zum Überleben Sauerstoff benötigen, und anaerobe, für die Sauerstoff tödlich ist – aber auch welche, die mit und ohne auskommen können. Die erstaunlichsten Bakterien sind, wie der Name schon sagt, die extremophilen – sie haben Strategien entwickelt, um sich den ungemütlichsten Umweltbedingungen anzupassen. Zu ihnen gehört auch ein im Jahr 2000 bei Bohrungen in einer Höhle in New Mexico (USA) entdecktes Bakterium, das mit 250 Millionen Jahren derzeit als ältestes Lebewesen der Erde gilt. Es konnte in einer Nährlösung wieder aktiviert werden, nachdem es in 600 Metern Tiefe in einem Salzkristall dank seines komplett zum Erliegen gebrachten Stoffwechsels überlebt hatte – das nennt man aussitzen!

Dieser Beitrag erschien erstmals im doppelpunkt.
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