Das musst du wissen

  • 65 Prozent der Schweizer Bevölkerung halten 5G für riskant.
  • Gründe dafür sind Zweifel am Forschungsstand und an der Regulierung durch die Behörden.
  • Wenn es an Vertrauen mangelt, muss spezifisch auf die Sorgen der Zweifler eingegangen werden.
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Die Einführung des neuen 5G-Mobilfunkstandards hat in der Schweiz eine heftige Debatte ausgelöst. Wer Technologie unterstützt, sieht im 5G-Netzausbau die Zukunft des mobilen Datentransfers. Kritische Stimmen halten mit vermeintlichen Gesundheitsrisiken dagegen. Dabei treffen verhärtete Fronten aufeinander, die Diskussion ist polarisiert. Dabei spielt die Risikowahrnehmung in der Bevölkerung eine grosse Rolle, wie der Psychologe Renato Frey von der Universität Basel herausgefunden hat. Seine Studie, die in Psychological Science publiziert wurden, bestätigt die Spaltung, die 5G ausgelöst hat, und liefert Hinweise, wie die Gräben überwunden werden könnten.

Science-Check ✓

Studie: Psychological Drivers of Individual Differences in Risk Perception: A Systematic Case Study Focusing on 5GKommentarDies ist ein Kommentar der Autorin / des AutorsDie Studie stützt sich auf Korrelationen zwischen verschiedenen Antworten aus dem zugrundeliegenden Fragebogen. Kausale Zusammenhänge sind naheliegend, konnten aufgrund des Studiendesigns aber nur bei einem kleinen Teil der Fragen nachgewiesen werden. Risikoabschätzung ist nicht Teil der Studie.Mehr Infos zu dieser Studie...

Um das gefühlte Risiko in der Bevölkerung einzuschätzen, füllten knapp 3000 Personen einen Fragebogen zu ihrer persönlichen Wahrnehmung vom Umgang mit 5G aus. Gegenüber dem neuen Mobilfunknetz herrscht in der Schweiz grundsätzlich grosse Skepsis, wie die Untersuchung zeigt: 65 Prozent der Teilnehmenden erachteten das generelle Risiko durch 5G als mittel bis hoch, ein gleich grosser Anteil beurteilte den persönlichen Nutzen von 5G als gering. Trotzdem glaubte weit mehr als die Hälfte der Befragten an den sozialen und fast drei Viertel an den wirtschaftlichen Nutzen der neuen Technologie. Eine überwiegende Mehrheit forderte allerdings auch mehr staatliche Regulierung und mehr Forschung.

Tatsächlich hat sich das Bundesamt für Umwelt Bafu um mehr Forschung bemüht: Zwischen der ersten Studienumfrage im November 2019 und der zweiten Befragung im Dezember 2020 veröffentlichte das Bundesamt den Expertenbericht zum Thema «Mobilfunk und Strahlung». In dem umfassenden Bericht fassten Fachleute anhand zahlreicher Studien den derzeitigen Wissensstand zusammen: Sie kamen zum Schluss, dass es keine Belege für eine gesundheitsschädigende Wirkung von 5G gibt.

Vor der zweiten Befragung wurden die Studienteilnehmer darum in vier Gruppen aufgeteilt, drei davon erhielten vor der Umfrage unterschiedlich ausführliche Versionen dieses Berichts. Auf die grundsätzliche Haltung hatte die Faktensammlung jedoch kaum Einfluss: Die Risikowahrnehmung war in der zweiten Befragungsrunde bei allen Gruppen praktisch unverändert.

Hingegen fand Studienverfasser Renato Frey eine deutliche Korrelation zwischen dem wahrgenommenen Risiko und Vertrauen in die Behörden: Wer 5G als grosses Risiko erachtete, traute den Behörden nur selten die Regulation des Mobilfunkstandards zu. Das alles bedeute jedoch nicht, dass die Meinungen bereits in Stein gemeisselt sind: Während sich an den Meinungsmehrheiten wenig änderte, entdeckte Frey auf individueller Ebene immer wieder Umschwünge in der Haltung. Wer sein Wissen über 5G in der zweiten Befragungsrunde als grösser erachtete oder mehr Vertrauen in die Behörden legte, schätzte das Risiko geringer ein. Die Ergebnisse würden zeigen, dass man bei diesen Faktoren ansetzen könne, schlussfolgert Renato Frey in einer Mitteilung. Oder anders gesagt: Die spezifischen Sorgen der Zweifler anzugehen könne einer extremen Polarisierung der Diskussion wohl am besten entgegenwirken.

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