Das musst du wissen
- Diversität im Genpool ist wichtig, damit sich Löwen an neue Lebensbedingungen anpassen können.
- Bei botswanischen Löwen sind nicht Menschen, sondern die ökologischen Bedingungen für Genverluste verantwortlich.
- Das macht die Raubkatzen noch vulnerabler.
Weniger als 40 000 Löwen gibt es in Afrika noch. Einst waren es mindestens 200 000. So zumindest schätzt die Weltnaturschutzunion die Bestände des «Königs der Tiere» ein. Löwen gelten deshalb als gefährdet.
Die Faktoren für das Verschwinden der Löwen sind vielfältig. Sie werden ebenso wie ihre Beutetiere gewildert, und auch die zunehmende Ausbreitung der Menschen bedroht ihren Lebensraum. Immer wieder rächen sich zum Beispiel Farmer, deren Vieh von den Raubtieren gerissen wurde.
Entgegen weitverbreiteter Meinungen ist aber nicht überall das menschliche Eingreifen in die Natur schuld daran, wenn Populationen fragiler werden, wie britische Zoologen und Zoologinnen in einer Studie zeigen konnten. Diese ist nun im Fachmagazin Animal Conservation erschienen. Die Forschenden haben in ihrer Studie nachweisen können, dass sich der Genpool in Löwen-Populationen im nördlichen Botswana sich eher durch die ökologischen Unterschiede der Lebensräume als durch menschgemachte Grenzen wie Siedlungen oder Veterinärzäune verringert. Und das führt dazu, dass die Art immer weniger anpassungsfähig ist und vermehrt Erbkrankheiten auftreten.
Science-Check ✓
Studie: Ecology rather than people restrict gene flow in Okavango-Kalahari lionsKommentarDies ist ein Kommentar der Autorin / des AutorsDas Ergebnis, dass ökologische Bedingungen eine Verkleinerung des Genpools befördert hat, ist konsistent mit ähnlichen Studien, die Ausdifferenzierungen von Wildtierarten untersucht haben. Auch haben die Forschenden eine der grössten Löwenpopulationen untersuchen können; über 2000 Exemplare sind es. Es wurde aber die genetische Diversität von nur 149 Löwen untersucht. Die Gendiversität wurde mit topographischen Daten verglichen – die Schlussfolgerungen basieren auf Korrelationen.Mehr Infos zu dieser Studie...Die Forschenden erfassten zunächst die DNA von fast 150 Löwen aus dem nordbotswanischen Okavango-Delta. Das Delta ist von zwei sehr unterschiedlichen klimatischen Bedingungen geprägt: Es gibt eine feuchte Region im Okavango-Delta und eine trockene Region südlich davon im Einzugsgebiet der Kalahari-Wüste. Einzelne Gebietsteile sind unter Naturschutz gestellt, dazwischen finden sich wenige Menschensiedlungen. Ausserdem durchziehen drei Veterinärgrenzen, die Nutztiere voneinander trennen sollen, und der Fluss Boteti das Gebiet.
Mithilfe von Gewebeproben konnten die Forschenden feststellen, dass sich der Grossteil der Löwen in diesem Gebiet in zwei grosse genetische Gruppen einordnen lässt: Die «Kalahari-Löwen», die überwiegend im Trockengebiet leben, und die «Okavango-Löwen», die sich vor allem nördlich davon im feuchten Okavango-Delta bewegen.
Daraufhin haben die Forschenden ausgiebig verschiedene Faktoren darauf geprüft, sie die Isolierung der beiden Gruppen erklären können: Die Distanzen zwischen den Gruppen wurden ebenso beleuchtet wie die Wirkung der Veterinärzäune und der Landnutzung durch Menschen. Ausserdem betrachteten sie die Grenze zwischen Trockengebiet und Feuchtgebiet als Isolationsgrund.
Die Zoologen stellten fest, dass die ökologische Beschaffenheit der Lebensräume am meisten Einfluss hat: So meiden die südlichen Kalahari-Löwen das Feuchtgebiet, während die Okavango-Löwen dich hervorragend angepasst haben: «Sie schwimmen sehr gut und haben kein Problem damit, Büffel durchs Wasser zu verfolgen – ganz im Gegenteil zu anderen afrikanischen Löwen, die eigentlich nicht im Wasser jagen», erklärt Studienautor Simon Dures in einer Mitteilung.
Menschgemachte Grenzen wie Besiedelung und Zäune halten die Löwen hingegen nur bedingt zurück. Gerade Veterinärzäune sind eigentlich für Huftiere konzipiert und scheinen kein Hindernis für die Raubkatzen darzustellen, wie andere Studien schon zeigten. Die Aufspaltung der botswanischen Löwen in eine Okavango- und eine Kalahari-Gruppe hat zudem vor langer Zeit begonnen, wie Dures sagt: «Wir sind der Meinung, dass diese durch ökologische Bedingungen herbeigeführte Trennung der Löwen bis vor die Periode der europäischen Kolonisierung des südlichen Afrikas zurückführt, also lange bevor die Menschen angefangen haben, Zäune aufzustellen und Wildtiere massenhaft zu jagen.»
Trotzdem: Aus der Verantwortung ziehen kann sich aufgrund dieser Resultate niemand. Denn die Verfolgung von Löwen und die gleichzeitig immer stärkere Ausbreitung der Menschen, die im Moment stattfindet, können gerade die hochgradig auf das Leben in Feuchtgebieten spezialisierten Löwen noch stärker bedrohen. Und auch der Klimawandel macht vor dem Okavango-Delta nicht halt: In den vergangenen zwei Jahren blieb das Gebiet wegen einer Dürre trocken. Ob sich die Löwen mit dem kleiner werdenden Genpool dem schnellen Wandel anpassen können, ist unsicher.