Das musst du wissen

  • Im Rahmen des Projekt Wisa Woodsat haben Wissenschaftler einen Nanosatelliten aus Birkenholz entwickelt.
  • Damit das Holz nicht kaputt geht, haben sie es speziell behandelt.
  • Der nachhaltige Satellit könnte unter anderem eine mögliche Lösung gegen den zunehmenden Weltraumschrott sein.

Warum wir darüber sprechen. Das finnische Team von Arctic Astronautics hat die letzten Tests, einschliesslich eines Stratosphärenflugs am 12. Juni 2021, erfolgreich abgeschlossen. Es plant nun einen Start seines hölzernen Satelliten Woodsat vor Ende des Jahres. Der Würfel hat eine Seitenlänge von zehn Zentimetern und wiegt etwa ein Kilo. Die Finnen sind aber nicht die einzigen, die Holz ins Weltall bringen wollen. Auch die Universität Kyoto in Japan entwickelt einen Satelliten aus Holz und hofft, ihn 2023 in die Umlaufbahn zu bringen.

«Holz ist menschlicher und uns näher», erklärt Jari Maniken, der Leiter des Woodsat-Projekts. Wir haben Holz benutzt, um Modell-Satelliten für Lehrvideos zu erstellen, und wir wollten die Idee weiterspinnen.»

Doch es gibt einen Grund, warum Satelliten normalerweise nicht aus Holz sind: Holz hat nichts im All zu suchen. Zum einen ist es schwieriger zu bearbeiten als beispielsweise Aluminium und wenn man es dünn schneidet, kann es brechen. Das Hauptproblem ist jedoch, dass Holz porös ist und immer etwas Feuchtigkeit enthält. Wasser neigt dazu, im Vakuum des Weltraums zu verdampfen, was zu einem Phänomen namens Ausgasung führt. Dadurch wird das Holz verformt, beschädigt und bricht.

Es ist schwer, Holz ins All zu schicken. Deshalb behandelten die finnischen Entwickler das Holz auf sehr ungewöhnliche Weise. Sperrholzstücke aus Birke, die fünfhundert bis sechshundert Kilometer in den Weltraum reisen sollen, wurden dehydriert. Das heisst: Ihnen wurde in einer thermischen Vakuumkammer das Wasser entzogen.

Als nächstes haben sie Lack aufgetragen und danach eine sehr dünnen Schicht von etwa hundert Nanometer Aluminiumpulver. Dadurch wollten die Forschenden sicherstellen, dass das Holz intakt bleibt – aber sicher ist nichts, räumt Jari Maniken ein:

«Wir haben Angst, dass es sich verzieht, wenn es erst einmal da oben ist. Aber die einzige Möglichkeit, es herauszufinden, ist, es zu senden!»

Um das alles zu beobachten, wird der Woodsat mit einer Selfie-Stange ausgestattet sein. Diese wird nicht nur schöne Bilder aus dem Orbit senden, sondern auch Informationen darüber liefern, wie sich das Sperrholz unter diesen Bedingungen verhält. Sollte das Holz vergilben oder sich verziehen, wird die am Ende der Stange angebrachte Kamera es dokumentieren. Gleichzeitig können so auch die Solarpaneele überwacht werden.

Auf der Suche nach neuen Materialien. Doch wieso überhaupt hölzerne Satelliten? Für Jari Maniken zählt vor allem die gesammelte Erfahrung:

«Wir wollen wissen, ob man auch andere, ungewöhnlichere Materialien ins All schicken kann. Das kann Ideen und Inspirationen für zukünftige Missionen geben.»

Solche Alternativen werden von Spezialisten wie Alexandre Looten, einem Forscher am Laboratory for Processing of Advanced Composites (LPAC) in Lausanne, untersucht. Er sieht mehrere Gründe, die das Testen solcher Technologien rechtfertigen:

«Das ist ein eher kleines Experiment, ohne wissenschaftlichen Anspruch. Aber für Forschungen, die mit elektromagnetischen Wellen arbeiten, könnte es interessant sein, denn Holz ist für diese kein Hindernis.»

Bei einem gewöhnlichen Satelliten müssen die Antennen an der Aussenseite des Geräts angebracht werden, um zu verhindern, dass das Aluminium die Wellen stört. Mit Holz ist das unnötig. Ohne diese Einschränkung eröffnen sich ganz neue Möglichkeiten für das Design von Satelliten.

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Kampf gegen die Umweltverschmutzung. Ein weiterer Vorteil betrifft den Weltraum-Müll. Am Ende ihrer Mission treten «gebrauchte» Satelliten wieder in die Atmosphäre ein. Das birgt gewisse Probleme. Es kann sein, dass die grösseren Satelliten während ihres Falls nicht vollständig verglühen, so dass potenziell gefährliche Teile auf die Erde fallen können. Die kleineren zerfallen zwar, aber hinterlassen umweltschädlichen Aluminiumstaub in der Atmosphäre.

Mit Holz wäre das Problem gelöst, denn die Partikel werden vollständig verbrannt und in der Atmosphäre zerstreut, ohne Spuren zu hinterlassen. Und ohne das geringste Risiko, dass ein gefährlicher Gegenstand zu Boden fällt.

Um diesen Vergrühungsprozess zu verbessern, arbeitet Alexandre Looten vom LPAC zusammen mit der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Lausanne und deren Abteilung eSpace an sogenannten Kompositstrukturen. Alexandre Looten erklärt:

«Es werden Studien durchgeführt, um Holz herzustellen, das wie Plastik aussieht, das Ausgasen vermeidet und gleichzeitig den Wiedereintritt in die Atmosphäre erleichtert.»

Bis es soweit ist, werden jedoch konventionelle Aluminiumsatelliten wahrscheinlich marktbeherrschend bleiben, da sie praktisch, leicht zu handhaben und preiswert sind. Aber diese Experimente erinnern daran, dass ein anderer Weg möglich ist.

Dieser Beitrag wurde erstmals auf Heidi.news veröffentlicht. Er wurde von Corinne Goetschel aus dem Französischen übersetzt.

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Hier gibt es Wissenswertes aus der Westschweiz. Die Beiträge stammen von unserem Partner-Portal Heidi.news, wir haben sie aus dem Französischen übersetzt. Heidi.news ist ein Online-Portal, das im Mai 2019 lanciert wurde und das sich unter anderem auf die Berichterstattung über Wissen und Gesundheit spezialisiert. Die Partnerschaft zwischen Heidi.news und higgs ist durch eine Kooperation mit dem Schweizerischen Nationalfonds SNF entstanden.
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