Das musst du wissen
- Die Zusammensetzung von Schulen spiegelt die soziale und ethnische Ungleichverteilung in den Quartieren eins zu eins.
- Um Chancengerechtigkeit bereits in frühen Jahren zu ermöglichen, sind stärker durchmischte Schulen nötig.
- Je nach Quartier können bereits kleinräumige Anpassungen an den Grenzen der Einzugsgebiete die Durchmischung verbessern.
In keinem OECD-Land wirkt sich die Zusammensetzung der Schulen nach sozialer und sprachlicher Herkunft so stark auf die Schulleistung der einzelnen Schülerinnen und Schüler aus wie in der Schweiz. Ein erfolgreicher Bildungsweg und gute berufliche Voraussetzungen hängen – zumindest teilweise – davon ab, in welchem Schulhaus jemand zur Schule geht. Dieser Umstand gefährdet die Chancengerechtigkeit – insbesondere bei Schülerinnen und Schülern aus Quartieren mit hohem Anteil von migrantischen und sozial schwächeren Familien. Um Chancengerechtigkeit herzustellen, wäre eine stärkere Durchmischung an Schulen nötig.
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Studie: Durchmischung in städtischen Schulen – eine politische Aufgabe?KommentarDies ist ein Kommentar der Autorin / des AutorsDie Studie hat auf detaillierte Daten zurückgegriffen. Die Resultate sind recht zuverlässig zu werten. Sie ist allerdings nicht peer-reviewed, was ihre Aussagekraft einschränkt.Mehr Infos zu dieser Studie...Eine Studie des Zentrums für Demokratie Aarau (ZDA) untersuchte am Beispiel der Städte Basel, Bern, Genf, Lausanne, Winterthur und Zürich die Schulzuteilung von Kindern auf der Unterstufe. Zugleich prüfte sie, welche Veränderungen an den Grenzen der Einzugsgebiete nötig wären, um eine bessere soziale und ethnische Durchmischung zu erreichen. Um Schulzuteilung und Schulraumplanung in diesem Sinn zu unterstützen, haben die Autorinnen und Autoren der Studie einen Optimierungsalgorithmus konzipiert.
Schulzusammensetzung kann Leistung beeinflussen
Die Analyse zeigt, dass die Zusammensetzung der Schulen in der Unterstufe die soziale und ethnische Ungleichverteilung in den Quartieren eins zu eins widerspiegelt. Allfällige Bestrebungen der Städte, der ausgeprägten Entmischung entgegenzuwirken, sind in der Analyse keine ersichtlich.
Die internationale Forschungsgemeinschaft ist sich einig, dass die soziale und kulturelle Zusammensetzung von Schulen einen Effekt auf die individuellen Schulleistungen («Kompositionseffekt») hat. Dieser Effekt ist besonders in der Schweiz ausgeprägt. Ein negativer Effekt auf die Schulleistung tritt aber erst ab einem Anteil von vierzig Prozent von Schülerinnen und Schüler mit benachteiligtem Hintergrund ein, wie die Analyse zeigt.
Die typischen Bildungswege unterscheiden sich stark je nach sozialer und ethnischer Zusammensetzung der städtischen Schulkreise oder Quartiere.
Der von den Forschenden entwickelte Optimierungsalgorithmus zeigt, dass je nach Stadt jedoch bereits kleinräumige Anpassungen an den Grenzen der Einzugsgebiete einen gewissen Ausgleich zwischen Schulen schaffen könnten, teilweise auch über Schulkreise hinweg.
Der Algorithmus berücksichtigt die Vorgaben für die Bestimmung von Einzugsgebieten: Schulweglänge und -sicherheit, Schulhauskapazitäten, gemeinsame Schulwege, Festhalten an «Quartierschulen».
Die Studie macht laut den Forschenden insgesamt deutlich, dass das Potenzial, diese Integration an städtischen Schulen zu ermöglichen, noch wenig ausgeschöpft wird.
Handlungsempfehlungen der Studie
Der Durchmischung an Schulen sollte laut Studienautoren deshalb bereits bei der Festlegung der Einzugsgebiete und Schulzuteilung Rechnung getragen werden. Schulraumplanung und Schulhausbau sollten stärker darauf ausgerichtet sein, die Durchmischung an städtischen Schulen zu fördern.
Der Stadtentwicklungspolitik und dem privaten und gemeinnützigen Wohnungsbau kommt für die Erreichung durchmischter Quartiere und damit durchmischter Schulen eine zentrale Rolle zu. Gleichzeitig sollte bei der Aufwertung von Quartieren darauf geachtet werden, dass sozial schwächere und bildungsferne Familien nicht weiter aus der Stadt gedrängt werden. Stärker durchmischte Schulen könnten auch zu einer stärkeren Durchmischung der Wohnquartiere beitragen. Gerade den frühen Stufen der Volksschule werden eine zentrale Rolle für die gesellschaftliche Integration zugeschrieben.
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Der neu entwickelte Algorithmus kann laut den Forschenden in die bestehenden Schulzuteilungsverfahren integriert werden, ohne die Arbeitsschritte der Mitarbeitenden, die damit betraut sind, wesentlich zu verändern.
Um die gesellschaftliche Akzeptanz zu erhöhen, sollen im Falle einer Anwendung die festgelegten Parameter des Algorithmus offengelegt und die Zuteilungspraxis der Behörden offen kommuniziert werden.
«Soziale und ethnische Vielfalt ist in urbanen Räumen längst eine Realität. Zum städtischen Raum gehört auch eine durchmischte Volksschule», sagt Studienautor Oliver Dlabac. Das würde der Bildungsgerechtigkeit dienen.