Die unheilbare Krankheit Multiple Sklerose hat verschiedene Gesichter: Betroffene haben Schwierigkeiten zu gehen, leiden an Lähmungen, Gleichgewichts- und Sehstörungen. Bei vielen Patienten kommen die Beschwerden in Schüben, bei anderen schreiten sie langsam und stetig voran. Das macht es für Ärzte oft schwierig, eine Verschlechterung festzustellen. Zudem: «Die Beurteilung variiert beträchtlich je nach Arzt und je nach Tagesform der Patienten», sagt der Neurologe Ludwig Kappos, Chefarzt am Unispital Basel. Eine möglichst präzise und objektive Beurteilung wäre jedoch wichtig, damit die Behandlung angepasst und eine weitere Verschlimmerung hinausgezögert werden kann.

Bewegungen analysieren

Deshalb hat Kappos mit einem Team aus Basler, Berner und Luzerner Neurologen ein System entwickelt, das den Krankheitsverlauf viel präziser beurteilen kann. Es basiert auf der Videospiel-Konsole «Xbox», das mit einer Kamera ausgerüstet ist. In Zusammenarbeit mit Microsoft und Novartis analysierten die Forscher damit Bewegungsmuster von über 200 Patienten, etwa wenn diese ein paar Schritte gingen oder eine Tasse an den Mund hoben. Durch den Vergleich mit früheren Aufzeichnungen desselben Patienten erkennt das «Assess MS» genannte System selbst kleine Verschlechterungen sofort, zum Beispiel, wenn die Bewegungen des Patienten fahriger geworden sind.
Auch wenn das Gerät präziser analysiert als die Ärzte – ganz ersetzen wird es deren Einschätzung nicht. Denn es erkennt nur die Bewegungssicherheit, nicht aber andere Krankheitszeichen wie Sehstörungen oder Schmerzen. «Doch es hilft uns zu beurteilen, ob ein Medikament wirkt oder nicht», sagt Kappos. Bis das System in der Praxis eingesetzt werden kann, dauert es wohl noch ein bis zwei Jahre.

Die Erstversion dieses Beitrags erschien am 9. September 2016.
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