Jedes Jahr sterben weltweit 700’000 Menschen – allein in Europa 25’000 – an neuen, multiresistenten Supererregern, schätzt die Weltgesundheitsorganisation WHO. Sie hat schon im Mai 2015 den Kampf gegen Antibiotikaresistenzen zur Priorität erhoben. In der Schweiz hat man ebenfalls bereits 2015 die «Nationale Strategie Antibiotikaresistenzen» (StAR) auf den Weg gebracht, im Auftrag der Bundesräte Alain Berset und Johann Schneider-Ammann. Sie wird seit 2016 umgesetzt, will alle Beteiligten an einen Tisch holen und hat acht Handlungsfelder bestimmt. Ausserdem überwacht das Schweizerische Zentrum für Antibiotikaresistenzen (Anresis) die Resistenzen in der Human- und der Veterinärmedizin. Man ist bei Durchsicht des aktuellen StAR-Jahresberichtes allerdings verleitet, sich zu fragen, ob die StAR ein Projekt ist, das bloss gut klingt. Denn es bewegt sich vieles im Unkonkreten.
Zwei Beispiele, woraus Konkretes entstehen könnte: Der Basler Epidemiologe Heiner Bucher untersucht im Rahmen des Nationalforschungsprogramms NFP 72 nun breiter abgestützt, wie Ärzte dazu angehalten werden könnten, weniger Antibiotika zu verschreiben. Er erklärt, dass seine Studie weltweit erstmalig ermöglicht, «die eventuelle Auswirkung einer verbesserten Verschreibungspraxis von Antibiotika auf die Resistenzentwicklung zu untersuchen.» Und der ETH-Biologe Thomas Van Boeckel und sein Team sind überzeugt: «Wir könnten den gegenwärtigen Antibiotikakonsum weltweit geschätzt um einen Drittel senken, wenn der Einsatz in der Viehwirtschaft besteuert würde.» Er möchte die Fleischproduzenten für den Antibiotikaeinsatz zur Kasse bitten. Mit den Einnahmen will er die Entwicklung von neuen Medikamenten vorantreiben.
Auch Nationalrätin Bea Heim engagiert sich seit Jahren dafür, das Thema Antibiotikaresistenzen auf die politische Agenda zu setzen. Im Rahmen des NFP 72 werde am besseren Verständnis der Resistenzproblematik geforscht und das sei gut, sagt sie. Doch was es vor allem brauche, seien die Erforschung und Entwicklung von neuen wirksamen Antibiotika. Einige antibakterielle Moleküle für neue Medikamente sind zwar gefunden worden. Aber daraus ein neues, in der Medizin anwendbares Antibiotikum zu entwickeln, das kann noch bis zu zehn Jahre dauern. Und einen Wirkstoff – unter anderem mittels klinischer Studien – zum zugelassenen Medikament zu bringen, ist teuer. «Die Wirtschaft und die öffentliche Hand sind hier gefordert – und zwar gemeinsam», sagt Heim. Denn die Zunahme der Resistenzen werde mehr und mehr eine Sicherheitsfrage. Die Volksgesundheit stehe auf dem Spiel. Und: «Die Schweiz mit ihrem hohen Innovations- und Forschungspotenzial sollte hier beispielhaft handeln.»
Was kann ich gegen Antibiotikaresistenzen tun?
1. Beim Arzt keine Antibiotika verlangen. Verschreibt er sie von sich aus, unbedingt in der vorgeschriebenen Dosierung einnehmen.
2. Immer mehr Nutztiere tragen resistente Keime. Darum ist es sehr wichtig, Fleisch getrennt von Dingen zuzubereiten, die man nicht kocht. Danach müssen Hände, Messer und Brett gründlich mit heissem Wasser und Seife gewaschen werden. Die Keime gehen beim Kochen zugrunde. Hat man jedoch den Salat mit demselben Messer oder auf demselben Brett geschnitten, sind sie noch da.
3. Auf keinen Fall vermeidbare Operationen in Ländern mit zweifelhafter Spitalhygiene vornehmen lassen.