Legionellen sind Bakterien, die in lauwarmem Wasser etwa in Luftbefeuchtern, Klimaanlagen oder in der Warmwasserversorgung von Gebäuden vorkommen und sich hier vermehren können. Werden Legionellen verschluckt, stellen sie keine Gefahr für den Menschen dar. Durch Einatmen in die Lunge können sie jedoch die Legionellose, besser bekannt als Legionärskrankheit, auslösen.

In der Wasserversorgung wird seit vielen Jahren auf die energieaufwendige Erhitzung des Warmwassers auf 60 Grad Celsius zur Prävention gegen die Legionellen gesetzt, denn Legionellen sind bei genügend langer Verweilzeit bei diesen Temperaturen nicht überlebensfähig. Ein Blick in die Daten des Bundesamts für Statistik zeigt, dass sich trotz getroffenen Massnahmen die jährlichen Infektionen zwischen 2010 und 2019 von 265 auf 581 mehr als verdoppelt haben. Laut dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) sterben etwa fünf bis zehn Prozent der Erkrankten trotz Antibiotika-Behandlung.

LED schaffen neue Möglichkeiten

UV-C-Strahlung hat sich in der Entkeimung von Wasser, Luft und Oberflächen bewährt. Die energiereiche Strahlung wird schon lange eingesetzt, um beispielsweise Trinkwasser oder medizinisch relevante Oberflächen zu entkeimen. Zumeist werden dafür Quecksilberdampf-Lampen eingesetzt, die jedoch selbst Giftstoffe enthalten und zudem relativ lange Aufwärmzeiten brauchen, bevor sich die Strahlendosis konstant auf dem erforderlichen Niveau befindet.

Seit wenigen Jahren gibt es auch LED-Lampen, die UV-C-Strahlung abgeben können. Die LED haben entscheidende Vorteile, dass sie die Strahlung sofort abgeben und aus nicht gesundheitsbedenklichen Materialien bestehen: Sobald die Lampe leuchtet, zerstört sie die RNA beziehungsweise DNA von Viren und Bakterien. Geht eine LED kaputt, gelangt kein hochgiftiges Quecksilber in die Umgebung.

Das Besondere an der UV-C-Strahlung ist, dass sie auf der Erde nicht natürlich vorkommt – die Atmosphäre schützt die Erdoberfläche davor. Weil die Strahlung die Erde nicht erreicht, sind die Schutzmechanismen von Bakterien und Viren hiergegen nicht besonders ausgeprägt. Auch nach jahrzehntelangem Einsatz in der Wasseraufbereitung gibt es nach heutigem Kenntnisstand keine Resistenzbildung gegen UV-C-Strahlung, anders, als es zum Beispiel von Antibiotika bekannt ist. Viren und Bakterien lassen sich teilweise nach Sekunden in dieser Strahlung deaktivieren. Welche Strahlungsdosis und Strahlungsdauer genau nötig ist, wird jeweils in Laborversuchen ermittelt.

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Die Ausbreitung von Sars-Cov-2 im Jahr 2020 führte dazu, dass häufig ganze Produktionschargen an LED-Lampen innert Minuten verkauft waren. Die Produzenten mussten ganze Produktionslinien anpassen, um der steigenden Nachfrage gerecht zu werden. Auch der Entwicklungsaufwand der Hersteller für Anwendungen in der Entkeimung von Raumluft, Oberflächen oder Wasser wurde intensiviert. Das Institut für Energietechnik (IET) der der Ostschweizer Fachhochschule (OST) spürte ebenfalls den Corona-Boom: «Wir erhielten häufigere Anfragen mit teils unüblicher Dringlichkeit, schnell Forschungsprojekte im Bereich UV-C-LED aufzugleisen», erinnert sich IET-Projektingenieur Raffael Palazzolo.

Energieautarker Prototyp zur Entkeimung

Die Forschungsgruppe Applied Physics and Measuring Technology des IET arbeitet derzeit beispielsweise am Bau eines Prototypen zur Wasserentkeimung mit UV-C-Strahlung. Der Clou dabei ist die geplante energieautarke Energieversorgung. Mittels eines ausgeklügelten Innenlebens ist das Ziel ein Bauteil, das in der Armatur integriert Wasser entkeimt und sich durch den Wasserdurchfluss gleichzeitig selbst mit der nötigen Energie für den optischen Reaktor versorgt. In diesem werden Legionellen und andere Keime durch eine UV-C-LED abgetötet.

Nach erfolgreichen Labortests befindet sich das durch die Forschungsförderungsstelle des Bundes innosuisse geförderte Projekt derzeit in der Umsetzungsphase für einen funktionsfähigen, getesteten Prototyp. Bis Mitte 2021 soll das Projekt abgeschlossen sein. «Der immense Fortschritt in der Entwicklung und Produktion von UV-C-LEDs eröffnet uns neue Anwendungsgebiete. Die Desinfektion kann nun effizient und ohne den Einsatz von chemischen Mittel erfolgen», sagt der Projektverantwortliche, Professor Benno Bucher.

Dem pflichtet Projektingenieur Roland Peterer bei: «Die bisherigen Ergebnisse sehen vielversprechend aus, sowohl hinsichtlich Energieerzeugung wie auch der Inaktivierung von Legionellen.» Wenn der Prototyp zu einem marktreifen Produkt weiterentwickelt wird, wäre das eine Chance, den steigenden Infektionszahlen mit Legionellen an ihrem Ursprung entgegenzutreten: im Wasser, das wir täglich nutzen.

Kontakte zu den Projektverantwortlichen:
Prof. Dr. Benno Bucher, Institutspartner IET Institut für Energietechnik.
Raffael Palazzolo, Projektingenieur IET Institut für Energietechnik.
Roland Peterer, Projektingenieur IET Institut für Energietechnik.

OST – Ostschweizer Fachhochschule

Hier präsentiert die OST – Ostschweizer Fachhochschule Geschichten aus der Forschung.
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