Den Kometen entdeckt hat das Weltraumteleskop «Wise» (Wide-Field Infrared Survey Explorer) am 27. März 2020 im Sternbild «Achterdeck des Schiffs». Der Himmelskörper wurde auf den Namen «Neowise» getauft. Am 3. Juli befand er sich im Abstand von 44 Millionen Kilometer am sonnennächsten Punkt, und am 23. Juli wird er der Erde am nächsten kommen – immerhin noch mit einer Entfernung von 103 Millionen Kilometern. Zu Beginn war der neu entdeckte Komet nur am frühen Morgen zu sehen. Inzwischen verschwindet er die ganze Nacht über nicht mehr hinter dem Horizont. So taucht er in der Dämmerung kurz nach Sonnenuntergang im Nordwesten auf und bewegt sich in der Nacht in Richtung Nordosten, wo er schliesslich bei Tagesanbruch wieder vom heller werdenden Morgenhimmel überstrahlt wird.

Andreas Walker

Komet «Neowise» am frühen Morgen des 13. Juli über dem Schloss Lenzburg.

Um «Neowise» zu sehen, sind ein klarer Himmel und ein relativ niedriger Horizont wichtige Voraussetzungen. Hügel und Berge in der Nähe sind also schlecht für Hobbyastronomen.

Die Helligkeit des Kometen wird wahrscheinlich nur langsam abnehmen. Mit etwas Glück könnte er sogar noch bis in den August hinein sichtbar bleiben. Dies, weil er sich immer höher über den Horizont und somit in dunklere Himmelsbereiche erhebt.

Leuchtende Nachtwolken

Am 8. Juli um 4 Uhr in der Morgendämmerung erschienen über dem Horizont seltsame Wolken, die sich am Himmel ungewöhnlich hell abzeichneten. Der Kern des Kometen «Neowise» war in diese Wolken getaucht.

Eigentlich sind leuchtenden Nachtwolken vor allem in nördlicheren Breiten – zum Beispiel in Skandinavien – zu sehen. In sehr seltenen Fällen aber sind diese filigranen weiss-bläulichen Wolkenstrukturen im Hochsommer auch bei uns zu beobachten. Etwa 90 Minuten nach Sonnenuntergang oder vor Sonnenaufgang sieht man sie am besten – wenn diese Wolken von der noch unter dem Horizont stehenden Sonne beschienen werden, während der Himmel noch dunkel ist. Dies ist möglich, weil die leuchtenden Nachtwolken in einer extremen Höhe von 80 bis 85 Kilometern schweben. Zum Vergleich: Gewöhnlichen Wolkenarten erreichen maximal eine Höhe von 13 Kilometern.

Bilden können sich leuchtende Nachtwolken, wenn es in der sogenannten Mesosphäre etwa minus 150 Grad Celsius kalt ist – was von Mai bis August vorkommt. So besteht diese seltene Wolkenart aus Eiskristallen, die wahrscheinlich an Partikeln kristallisieren, die beim Verglühen von Meteoren freigesetzt werden.

Fossilien aus der Urzeit des Universums

Kometen haben einen Kern von mehreren Kilometern Durchmesser, bestehend aus Wassereis, verschiedenen gefrorenen Gasen sowie mineralischen Partikeln und Kohlenstoffverbindungen. Da sie auch grosse Mengen an Staub enthalten, werden sie oft auch als «schmutzige Schneebälle» bezeichnet.

Entstanden sind die Kometen zusammen mit unseren Planeten vor etwa 4,5 Milliarden Jahren. Sie sind also gewissermassen Fossilien aus der Entstehungszeit unseres Sonnensystems und darum für die Wissenschaft äusserst interessante Objekte, die auf ihrer Reise durch die Kälte und Leere des Weltalls in einer Art kosmischem Tiefkühlschrank ruhten.

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Sobald sich ein Komet der Sonne nähert, steigt die Temperatur an seiner Oberfläche, das Eis beginnt zu verdampfen. Bei weiterer Annäherung an die Sonne beginnt ein Schweif aus Gas und Staub auszuströmen, der eine Länge von bis zu 100 Millionen Kilometern erreichen kann. Aus der Analyse dieser Gase und Stäube lassen sich wichtige Hinweise zur Frühzeit unseres Universums ziehen.

Bis zum nächsten Mal dauert es noch länger

Die letzten Kometen, die man auf der Nordhalbkugel deutlich mit blossem Auge sehen konnte, waren «Hyakutake» und «Hale-Bopp» in den 1990er Jahren. Unser Sonnensystem wird jedes Jahr von 20-30 Kometen besucht, doch wirklich eindrucksvolle Erscheinungen gibt es nur etwa 10 pro Jahrhundert.

Komet «Neowise» bewegt sich auf einer extrem langgestreckten elliptischen Bahn um die Sonne. Zum letzten Mal hier vorbeigekommen ist er etwa um das Jahr 2470 vor Christus. Doch seine Umlaufzeit dürfte sich nach der aktuellen Passage auf etwa 6830 Jahre erhöhen, da er demnächst relativ nahe an den grossen Planeten Jupiter und Saturn vorbeiziehen wird. Die Anziehungskraft der beiden Riesenplaneten wird die Umlaufbahn des Kometen verändern, so dass wir auf seinen nächsten Besuch in unserem Sonnensystem voraussichtlich bis zum Jahr 8850 warten müssen.

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