Der ständige Lärm, die Marotten der Arbeitskollegin, ja sogar der fiepende Drucker – vieles nervt in einem Grossraumbüro. Und es kann überdies krank machen: Kürzlich wurde der Fall einer Sachbearbeiterin bekannt, die erkrankte, nachdem sie in ein Grossraumbüro versetzt wurde. Die Frau verlangte Homeoffice, erhielt aber die Kündigung. Deshalb sprach ihr ein Gericht einen halben Jahreslohn zu.

Dennoch lassen unzählige Firmen ihre Büroangestellten in riesigen Räumen arbeiten. So wollen die Arbeitgeber den Austausch zwischen den Mitarbeitern fördern. Doch nun zeigt eine Untersuchung schwedischer Psychologen: In Grossraumbüros fällt es den Menschen gar nicht leichter, miteinander ins Gespräch zu kommen als in Einzelbüros, sondern sogar schwerer.

Das fanden die Forscher heraus, als sie 271 Angestellte von Immobilienfirmen darüber befragten, wie gut sie sich im Arbeitsalltag mit ihren Kollegen austauschen konnten. Resultat: Je grösser ihr Büro war, desto schwerer fiel es den Bürolisten, mit ihren Kollegen zu reden. Vor allem hatten sie Skrupel, vertrauliche Dinge zu besprechen, denn sie befürchteten dauernd lauschende Ohren von anderen Kollegen. Und der ständige Hintergrundlärm erschwerte die Gespräche zusätzlich. Ausserdem zeigte auch diese Studie erneut: Wer in einem Grossraumbüro arbeitet, fühlt sich gesamthaft unwohler und unzufriedener.

Kontrollbedürfnis der Chefs

«Für sehr viele Jobs wären Einer- oder Zweier-Büros besser», sagt auch Arbeitspsychologe Theo Wehner von der ETH Zürich. «Aber zahlreiche Chefs denken immer noch, dass Mitarbeiter in Grossraumbüros am einfachsten kooperieren können». Wehner untersuchte über Jahre den Arbeitsalltag in Büros und beobachtete: In vielen Jobs braucht es gar keinen ständigen Austausch. «Und wenn doch, findet man immer einen Ort zum Reden», sagt Wehner, «auch ohne Grossraumbüro.» Oft reiche ein Gespräch in der Kaffeepause.

Hinzu kommt, dass verschiedene Studien in den letzten Jahren belegten, dass die Produktivität in Grossraumbüros geringer ist. Zudem fallen Angestellte öfter wegen Krankheit aus. Insgesamt entsteht so ein beträchtlicher volkswirtschaftlicher Schaden.

Warum also setzen dennoch so viele Firmen auf die Riesenräume? «Für die Firmen gibt es eben doch Vorteile, etwa tiefere Investitionskosten und eine flexiblere Nutzung», sagt Arbeitspsychologe Wehner. Und die Chefs könnten ihre Mitarbeitenden in Grossraumbüros leichter beobachten: «Das Kontrollbedürfnis von Vorgesetzten ist verdammt gross.»

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