Das musst du wissen
- Polyethylenterephthalat (PET) ist häufig Hauptbestandteil von Plastikverpackungen und synthetischen Fasern.
- Einige Enzyme aus der Natur können PET abbauen.
- Genetisch veränderten Bakterien können diese Enzyme herstellen – und so PET recyclen.
Plastik überflutet die Welt. Nicht nur unsere Landschaften, sondern auch das Meer wird durch immer mehr Plastikabfälle verschmutzt. Ganz an der Spitze mit dabei ist Polyethylenterephthalat, kurz PET. Es ist einer der wichtigsten Kunststoffe, der sich in Getränkeflaschen, Verpackungen und sogar 70 Prozent der Fasern unserer Kleidung befindet. PET ist enorm beständig – und lässt sich nur von wenigen Mikroorganismen zersetzen. Ein neues Bakterium, welches PET an den Kragen geht, präsentiert nun eine chinesische Forschergruppe um Liu Ya-jun, Professorin am Qingdao Institut für Bioenergie und Bioprozess-Technologie. Dies in einer Studie, die im Fachmagazin Microbial Biotechnology publiziert wurde.
_____________
Abonniere hier unseren Newsletter! ✉️
_____________
An biologischen Recycling-Ansätzen tüftelt die Wissenschaft schon seit einiger Zeit. Mithilfe von Organismen soll Plastik durch Enzyme abgebaut werden – das nennt sich Bioremediation. Die Abbauprodukte sind dabei wieder Ausgangsmaterialien für neue Kunststoffe. Dabei gab es bisher allerdings einige Probleme. Eines der grössten war, dass die Enzyme, die für den Abbau benötigt werden, am besten bei hohen Temperaturen funktionieren. Die Bakterien, die aber normalerweise genutzt werden, um solche Enzyme herzustellen, können bei so hohen Temperaturen nicht überleben. Die Forschungsgruppe hat nun ein Bakterium genetisch so verändert, dass es PET abbauen kann – auch unter grosser Hitze.
Science-Check ✓
Studie: Thermophilic whole‐cell degradation of polyethylene terephthalate using engineered Clostridium thermocellumKommentarDies ist ein Kommentar der Autorin / des AutorsEs handelt sich um eine erste Laborstudie, die zeigt, dass LCC durch C. thermocellum hergestellt werden kann. Die Produktion des Enzyms kann erstmals in der gleichen Umgebung stattfinden wie der Zersetzungsprozess des Enzyms. Bei anderen Verfahren wird das Enzym separat von Bakterien hergestellt, isoliert und dann auf PET angesetzt. Ob der Prozess in der industriellen Anwendung aber funktioniert, ist noch nicht erwiesen. Hierfür braucht es weitere Forschung.Mehr Infos zu dieser Studie...Hierfür griff die Forschungsgruppe auf das Bakterium Clostridium thermocellum zurück, das vor allem heisse und sauerstofffreie Lebensräume mag. Es lebt zum Beispiel in Komposthaufen. Die zweite Komponente ist das Enzym LCC, das ebenfalls in Kompost zu finden ist und eigentlich die wachsartige Schicht auf Blättern zersetzt. Bei optimalerweise 70 Grad Celsius kann LCC aber auch PET in seine Bestandteile Ethylenglycol und Terephthalsäure aufspalten.
Die Forschenden kombinierten deshalb das Enzym und das Bakterium C. thermocellum: Sie brachten das Gen für die Produktion von LCC in das hitzeliebende Bakterium ein. Dann testeten sie das genveränderte Bakterium in einem Laborexperiment: Sie legten einen PET-Film bei 60 Grad in eine Bakterienlösung. Innerhalb von zwei Wochen produzierten die Bakterien Enzyme, die zwei Drittel des PETs in seine Komponenten aufspalteten. Die Bakterien wuchsen dabei normal weiter.
Mit dieser Abbaurate übertrifft das genetisch modifizierte Bakterium alle bisherigen biologischen Ansätze, um PET abzubauen. Und: die besonderen Eigenschaften von C. thermocellum erlauben es, den Prozess auch in grossen Reaktoren durchzuführen. Das Bakterium braucht keinen Sauerstoff und verträgt hohe Temperaturen. Es ist also für die Industrie einfach zu handhaben. Andere Bakterien hingegen sind nur mit sehr komplexen Aufbauten und hohem Energieaufwand einsetzbar. Die Studienautorin Liu sagte in einer Mitteilung: «Wenn dieser Prozess weiter verfeinert und global angepasst wird, hat er das Potential dem PET-Recycling Energie, Zeit und Geld zu sparen und zudem einen höheren PET-Anteil aus den Landschaften und Ozeanen abzuführen». So könnte das neue Bakterium also schliesslich unseren Müll beseitigen – und die Welt von Plastik reinigen.