Das musst du wissen

  • Personen mit stärkeren narzisstischen Zügen sind politisch aktiver.
  • Narzissten gehen häufiger wählen, nehmen an Demonstrationen teil und spenden für die Politik.
  • Die öffentliche Meinung könnte deshalb stärker von den Narzissten der Gesellschaft geprägt sein.
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Ein Narzisst ist sich selbst am nächsten. Obwohl es verschiedene Möglichkeiten gibt, einen Narzissten zu beschreiben, zeichnet er sich im Allgemeinen durch Egoismus, Selbstüberschätzung, Machtstreben und den Wunsch, bewundert zu werden, aus. Und: Narzissten sind häufiger politisch aktiv, wie eine Studie jüngst ergab, die im Fachjournal Society for Personality and Social Psychology publiziert wurde. Narzissten prägen unsere Gesellschaft deshalb unter Umständen mehr als andere Persönlichkeitstypen.

Ein dänischer und ein amerikanischer Forscher sammelten für die Studie Umfragedaten, um herauszufinden, ob Narzissten eher politisch tätig werden. Hierzu führten sie repräsentative Umfragen durch, jene in Dänemark mit über 2400 Teilnehmenden, jene in den USA mit rund 500. Die Studienteilnehmenden gaben in einem Fragebogen an, inwiefern sie politisch tätig waren. Ob sie zum Beispiel an Demonstrationen teilnehmen, für politische Zwecke spenden, Produkte boykottieren, häufig wählen gehen, den Kontakt zu Politikern oder den Medien suchen und sich in politischen Foren, auch online, austauschen. Zudem wurde gemessen, wie ausgeprägt die narzisstischen Anteile der Personen sind. Wo eine selbstbewusste Persönlichkeit aufhört und der Narzisst anfängt, ist schwierig zu sagen. Viele Menschen tragen narzisstische Persönlichkeitsanteile in sich, manche mehr, andere weniger. Nicht zu verwechseln ist dies mit Personen, die unter einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung leiden. Eine gängige Methode, um die Ausprägung der narzisstischen Anteile zu messen, ist das Narcissistic Personality Inventory–40 (NPI-40).

Science-Check ✓

Studie: Narcissism in Political ParticipationKommentarDies ist ein Kommentar der Autorin / des AutorsDie Studie zeigt eine Korrelation zwischen politischer Partizipation und hohem narzisstischen Persönlichkeitsanteil. Eine Kausalität kann sie nicht beweisen. Hierfür müssten weitere Faktoren einbezogen werden. Die Studie kann nur Hinweise geben. Ob Narzissten schon immer dominanter waren im politischen Prozess oder ob sie es gegenwärtig sind, kann die Studie ebenfalls nicht klären.Mehr Infos zu dieser Studie...

Auch soziodemographische Faktoren wie zum Beispiel das Bildungsniveau, Einkommen und Alter, welche die politische Partizipation ebenfalls beeinflussen, wurden einbezogen. Das Resultat war eindeutig: Je mehr narzisstische Anteile, desto mehr bringen sich die Personen in die politische Debatte ein. Wie narzisstisch eine Person war, taugte gleich gut als Voraussage-Kriterium für politische Partizipation wie eine höhere Bildung, die Partizipation ebenfalls fördert.

«Personen, die glauben, besser zu sein als die anderen, engagieren sich mehr im politischen Prozess», fasst Peter Hatemi, Mitautor der Studie und Professor für Politikwissenschaften an der Pennsylvania State Universität, in einer Mitteilung zusammen. Allerdings kann die Studie nicht klären, ob Politik Narzissten lediglich anzieht oder auch produziert: So könnte politische Partizipation narzisstische Persönlichkeitsanteile auch verstärken. Und ein Minimum an narzisstischem Anteil ist für ein öffentliches Auftreten wohl unabdingbar.

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Im öffentlichen Leben ausgelebter Narzissmus stand in früheren Studien in Zusammenhang mit mehr Konflikt- sowie mit weniger Kompromissbereitschaft und Kooperation. Öffentliche Ressourcen werden zudem von Narzissten rücksichtsloser abgeschöpft. Die Studienautoren sehen die Dominanz der Narzissten denn auch als problematisch an: «Es bedeutet, dass Wahlresultate und die Politik dominiert werden durch jene, die mehr wollen, aber weniger geben», sagt Hatemi. Die «Wünsche der Öffentlichkeit», nach welchen sich Politiker richteten, seien demnach mehr geprägt durch die Narzissten in der Gesellschaft.

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