Das musst du wissen

  • In der Schweiz kam es vermehrt zu Nesselfieber nach der dritten Impfdosis gegen Covid-19.
  • Es handelt sich um eine akute Form, die nach einigen Tagen auftritt und sich meist gut behandeln lässt.
  • Wie andere Nebenwirkungen auch wird sie durch die Aktivierung des Immunsystems ausgelöst.

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Über 3,5 Millionen Schweizerinnen und Schweizer haben bisher bereits drei Spritzen gegen Covid-19 erhalten. Bei jedem Piks fragte man sich im Vornherein, wie man wohl reagieren würde: mit Fieber, einem lahmen Arm, oder gar nicht? Es schien einer Lotterie gleichzukommen – und für einige hielt die dritte Impfdosis noch eine besondere Überraschung bereit, wie sich nun zeigte: einen juckenden Hautausschlag, sogenanntes Nesselfieber. So beobachteten sowohl Swissmedic als auch das Allergiezentrum Schweiz eine Zunahme von Meldungen beziehungsweise Fragen zu Nesselfieber nach der Booster-Impfung.

Aus Studien bereits bekannt

Eine gänzlich Unbekannte ist Nesselfieber auf der Liste der Nebenwirkungen nach Covid-19-Impfungen aber nicht. Verschiedene Studien berichteten bereits von seltenen Fällen nach der ersten oder zweiten Dosis, beispielsweise bei Mitarbeitenden des Gesundheitswesens in den USA oder Südkorea, und zwar sowohl bei den beiden mRNA-Impfstoffen von Moderna und Pfizer/Biontech als auch beim Vektorimpfstoff von Astrazeneca, bei Johnson & Johnson und Sputnik V. Speziell an den in der Schweiz beobachteten Fällen ist nun, dass es nicht die nesselfieberartigen Allergien betrifft, die direkt nach der Impfung auftreten, sondern Ausschläge, die erst mit einer Verzögerung von einigen Tagen bis ein oder zwei Wochen beginnen. Betroffen scheint zudem vor allem die dritte Impfdosis von Moderna.

Science-Check ✓

KommentarDies ist ein Kommentar der Autorin / des AutorsDie Studie beruht auf Selbstauskünften der Spitalmitarbeitenden, was zu Verzerrungen führen kann. Da viele davon aber medizinische Fachkräfte waren, dürften die Antworten zuverlässig sein. Die erfassten Hautreaktionen traten innerhalb von drei Tagen nach der Impfung auf. Über verzögerte Reaktionen kann die Studie somit keine Aussage machen.Mehr Infos zu dieser Studie...

Wie ist das zu erklären? «Die Booster-Impfung führt zu einer stärkeren Antwort des Immunsystems als die ersten beiden Spritzen», sagt Peter Schmid-Grendelmeier, Leiter der Allergiestation der Dermatologischen Klinik am Universitätsspital Zürich. Dadurch werden bestimmte Immunzellen aktiviert, die sogenannten Mastzellen. Das wiederum führt dazu, dass sie Histamin ausschütten – ein Eiweiss, wodurch sich die Haut rötet und anschwillt. Es bilden sich Quaddeln oder Nesseln – wie wenn man Brennnesseln anfasst, daher auch der Name Nesselfieber.

Eine der häufigsten Hautkrankheiten

«Nesselfieber kennt man auch als seltene Reaktion auf andere Impfungen, zum Beispiel gegen die Grippe», weiss Schmid-Grendelmeier. Ganz allgemein gebe es aber unzählige andere Auslöser, von Bienenstichen oder anderen allergischen Reaktionen über Infektionen bis hin zu äusseren Reizen wie Kälte oder Hitze. Und Nesselfieber ist auch alles andere als selten – vielmehr gehört es zu den häufigsten Hautkrankheiten: Schätzungen zufolge
ist etwa jeder vierte Mensch einmal in seinem Leben betroffen.

Genaue Zahlen zu den Nesselfieber-Fällen nach Corona-Impfungen in der Schweiz gibt es noch nicht. In einer Online-Umfrage der Pendlerzeitung 20 Minuten gaben 26 Prozent der Teilnehmenden an, an einem Ausschlag nach der Corona-Impfung zu leiden. Bei den rund 62 000 Antwortenden sind das mehr als 16 000 Personen. «Das ist auf jeden Fall realistisch«, sagt Schmid-Grendelmeier. Aber: In dieser Zahl eingeschlossen seien nicht nur Fälle von Nesselsucht, sondern auch alle anderen Hautreaktionen, wie etwa den sogenannten Covid-Arm, eine Rötung und Schwellung am geimpften Arm. Diese tritt – wie man heute weiss – bei etwa acht von 1000 Personen auf.

Nicht ansteckend

Doch zurück zum Nesselfieber und der Frage, was man dagegen tun kann. «Häufig lässt es sich mit Antihistaminen gut behandeln», sagt Schmid-Grendelmeier. Dieses Medikament schwächt die entzündungsfördernde Wirkung des Histamins ab. Nach einigen Tagen sind die Beschwerden dann in der Regel verschwunden. In einzelnen Fällen könne es aber auch länger anhalten, ganz selten sogar bis zu mehr als acht Wochen. Gefährlich oder sogar ansteckend sei das aber nicht, sagt der Dermatologe. Aber allemal lästig.

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