Das musst du wissen

  • Bei dem plötzlichen Kindstod versterben Säuglinge unerwartet und meist aus unerklärlichen Gründen.
  • Ein Risikofaktor ist aber Nikotin: es kann dazu führen, dass der Atemreflex der Säuglinge nicht richtig funktioniert.
  • E-Zigaretten enthalten oft mehr Nikotin als normale – sie sind für Kinder von rauchenden Müttern also ein Risiko.

Der plötzliche und unerwartete Tod eines scheinbar gesunden Kindes wird plötzlicher Kindstod genannt. Er tritt bei Kindern, die zwischen 14 Wochen und einem Jahr alt sind, auf. Er ist zwar selten: 2016 starben nur acht Kinder daran – das sind knapp drei Prozent der Todesfälle in diesem Alter. Doch wenn er zuschlägt, ist es umso dramatischer, denn oft lässt er sich nicht erklären. Die Forschung sucht deshalb nach Ursachen und Faktoren, die zu einem solch tragischen Fall führen können.

Ein solcher Faktor ist Nikotin. Sein Einfluss ist drastisch, wie eine neue Studie verdeutlicht: Nikotin beeinträchtigte in einem Versuch nachhaltig die Funktion von Nervenzellen in neugeborenen Ratten, die dadurch bei überlebenswichtigen Reflexen nicht mehr schnell genug reagieren konnten. So blieb der Atemreflex aus – was zu plötzlichem Kindstod führen kann.

Science-Check ✓

Studie: Developmental nicotine exposure alters synaptic input to hypoglossal motoneurons, and is associated with altered function of upper airway musclesKommentarDies ist ein Kommentar der Autorin / des AutorsDie Studie bestätigt und erweitert bestehende Erkenntnisse über den Einfluss von Nikotin auf Kinder im Mutterleib und Neugeborene. Trotzdem handelt es sich um einen Tierversuch, der nur bedingt auf Menschen übertragen werden kann. Mehr Infos zu dieser Studie...

Bereits bekannt ist, dass eine Zigarette am Tag das Risiko des plötzlichen Kindstodes verdoppelt. Dies ergab eine Studie im März dieses Jahres.

Atemreflex wird gehemmt

Forschende aus den USA wollen nun mit ihrer neuen Studie darauf aufmerksam machen, dass der Konsum von nikotinhaltigen Produkten jeder Art in der Schwangerschaft die Gefahr für einen plötzlichen Kindstod erhöht. Ob das Nikotin im Mutterleib aufgenommen wurde oder nach der Geburt durch Zigarettenrauch, E-Zigaretten-Dampf oder gar über die Kleider, ist dabei irrelevant. Auch nikotinhaltige elektrische Zigaretten stellen also keine sicherere Alternative dar. Publiziert wurden die Resultate im Fachmagazin eNeuro.

Die US-amerikanischen Wissenschaftler von der Universität Arizona implantierten für ihre Versuche schwangeren Ratten Mini-Pumpen unter die Haut, die 6 mg Nikotin pro Kilogramm Gewicht und pro Tag abgaben. Dieses erreichte das Jungtier über die Plazenta und nach Geburt über die Muttermilch. Im Blut der Neugeborenen fanden sich danach ähnliche Levels von Nikotin-Abbauprodukten wie bei bei Neugeborenen von moderat rauchenden Müttern.

Mehr Nikotin in E-Zigaretten

Anschliessend imitierten die Forschenden eine Situation mit Atemnot, wie sie zum Beispiel entsteht, wenn eine Bettdecke über dem Gesicht eines Neugeborenen liegt. Bei den Jungtieren, die Nikotin bekommen hatten, waren die Nerven, die in einer solchen Situation die Mundbodenmuskulatur ansteuern, in ihrer Funktion abgestumpft. Die Mundbodenmuskulatur hält die oberen Atemwege offen. Bei ihrem Versuch starben zwölf von getesteten 135 Ratten, neun davon waren zuvor Nikotin ausgesetzt gewesen.

«Die Tabak-Industrie will den Menschen weismachen, dass elektronische Zigaretten harmlos und weitaus weniger schädlich als konventionelle Zigaretten sind», sagt Alexander Möller, Pneumologe am Kinderspital Zürich gegenüber dem Science Media Center. «Nikotin ist in elektronischen Zigaretten zum Teil noch viel höher konzentriert als bei normalen Zigaretten. Dies trifft vor allem für den absoluten Verkaufsschlager in den USA zu, die JUUL.»

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