Das musst du wissen
- Geradschnabelkrähen sind in der Lage, Werkzeuge herzustellen, dank denen sie an Futter gelangen.
- Sie schafften es zum Beispiel ganz ohne Training, aus vier Elementen einen Stab zusammenzustecken.
- Dass Krähen und Raben intelligent sind, hat man schon früher in verschiedenen Situationen beobachtet.
Was Menschen und Menschenaffen vorbehalten war, können offenbar auch Krähen. Sie bauen sich Werkzeug, um ein Problem zu lösen. Ein Team von Wissenschaftlern des Max-Planck-Instituts für Ornithologie und der Universität Oxford hat herausgefunden, dass Geradschnabelkrähen mehrere, für sich alleine zu kurze Elemente kombinieren, um an einen Leckerbissen heranzukommen. «Die Krähen können also neuartige Probleme schnell und flexibel lösen. Welche Vorgänge dabei im Gehirn ablaufen, ist jedoch noch unklar», schreiben die Forschenden. Der Zusammenbau von mehreren Komponenten zu einem funktionsfähigen Werkzeug wurde bisher nur bei Menschen und Affen beobachtet.
Krähen lösen Probleme ganz ohne Training
In der Entstehung dieser Fähigkeit sehen Anthropologen einen entscheidenden Schritt in der Evolution des menschlichen Gehirns. Aber die Fähigkeit, Hilfswerkzeuge zu benutzen, beginnt beim Menschen erst ab einem Alter von 18 Monaten, sie zu bauen, ab etwa fünf Jahren. Um zu testen, ob diese Fähigkeit bei Krähen vorhanden ist, haben die Wissenschaftler um Auguste von Bayern vom Max-Planck-Institut und Alex Kacelnik von der Universität Oxford den Tieren eine Kiste präsentiert, die diese zuvor noch nie gesehen hatten. Sie enthielt hinter einer durchsichtigen Tür einen kleinen Behälter mit einem Leckerbissen. Die Tür hatte zwar einen Spalt, aber dieser war zu schmal, als dass die Krähen den Leckerbissen mit dem Schnabel hätten erreichen können. Zu Beginn der Versuchsreihe stand den Tieren ein langer Stab zur Verfügung, den sie durch den Spalt in die Kiste stecken konnten, um damit das Futter durch eine seitliche Öffnung herauszuschieben. Alle acht Vögel schafften das ohne Schwierigkeiten.
Dann wurde die Aufgabe komplizierter: Das Futter wurde nach hinten in die Box verlagert. Nun bekamen die Krähen verschieden lange Elemente, die zu kurz waren, um das Futter zu erreichen. Sie konnten aber zusammengesteckt werden. Nach fünf Schwierigkeitsstufen blieb immerhin noch eine Krähe übrig, die es schaffte, aus vier Elementen ein Werkzeug zusammenzustecken, um ans Futter zu kommen. «Dieses Ergebnis ist bemerkenswert, denn die Geradschnabelkrähen bekamen keine Hilfe und auch kein Training, um diese Werkzeuge zu bauen. Sie haben ganz alleine herausgefunden, wie sich das Problem lösen lässt», sagt Auguste von Bayern. Die Wissenschaftler betonen aber: Diese Fertigkeit bedeute nicht, dass die Prozesse im Gehirn die gleichen sein müssten, wie bei Menschen oder Menschenaffen.
So lösten die Krähen die Aufgaben
Raben erkennen sich im Spiegel
Mit Krähen und Raben wurden auch schon früher mehrere Versuche durchgeführt, die eine ausserordentliche Intelligenz bestätigten. So fanden Forscher der University of Washington 2006 heraus, dass die Krähen auf dem Campus in der Lage waren, sich Angreifer zu merken. Sie konnten sogar ihre Mitkrähen darüber informieren und ihr Wissen an die nächste Generation weitergeben. An der Universität Bochum durchgeführte Experimente wiederum konnten belegen, dass Raben in der Lage sind, sich in ihrem Spiegelbild selbst zu erkennen. Nachdem sie sich im Spiegel mit einem roten Punkt auf ihrem Gefieder gesehen hatten, versuchten sie, diesen roten Punkt bei sich zu entfernen. Auch hat man festgestellt, dass sich Krähen bewusst sind, dass verstecktes Futter nur dann sicher ist, wenn sie beim Verstecken nicht beobachtet werden.