Unkraut ist nicht nur im heimischen Garten unerwünscht. Auch die Schweizerischen Bundesbahnen SBB müssen ihre Gleise frei von Pflanzen halten. Unbewachsene Gleise sind wichtig, damit die Züge sicher rollen und Inspektionen und Bauarbeiten ohne Hindernisse durchgeführt werden können. Um die Gleise frei von Pflanzen zu halten, setzt die SBB punktuell das Pflanzenschutzmittel Glyphosat ein. Ein- bis zweimal pro Jahr werden einzelne Pflanzen in den betroffenen Gleisabschnitten der SBB mit dem Unkrautvernichtungsmittel behandelt.

Der Einsatz des Mittels wird aufgrund von nicht abschliessend geklärten, möglichen Gesundheitsrisiken in Politik und Wissenschaft seit Jahren kontrovers diskutiert. Im November 2017 hat die Europäische Union die Zulassung des Mittels aber um fünf Jahre verlängert.

Bei Regen kann das Glyphosat mit dem Gleisabwasser in die Umwelt gelangen. Die Richtlinie zur Entwässerung von Eisenbahnanlagen des Bundesamts für Verkehr BAV und des Bundesamts für Umwelt BAFU beschreibt, in welchen Anwendungsfällen zusätzliche Massnahmen zur Reinigung des Gleiswassers erforderlich sind. Gegenüber der Anwendung von Glyphosat in der Landwirtschaft sind die Mengen im Gleisbereich gering.

Fast vollständig herausgefiltert

Um den Eintrag in Gewässer zu vermeiden, beauftragte die SBB deshalb das UMTEC Institut für Umwelt- und Verfahrenstechnik im vergangenen Jahr, eine Pilotanlage zu entwickeln und zu testen, die das Gleisabwasser reinigt. Nach über einer Million gefilterten Litern ist klar: Die Pilotanlage erreicht einen Wirkungsgrad von mehr als 90 Prozent. Der Stoffrückhalt mit einem speziellen Substrat funktionierte so gut, dass Glyphosat nach dem Behandlungsprozess analytisch nicht mehr im Wasser nachweisbar war. Erst bei einem Wert von unter 0,02 Millionstel Gramm (Mikrogramm) Glyphosat pro Liter lässt sich nichts mehr nachweisen. Der gesetzliche Anforderungswert, der dem vorsorgeorientierten Gewässerschutz dient, beträgt 0,1 Mikrogramm pro Liter.

Durch solche Filterboxen wird das Abwasser geleitet. Das Substrat im Inneren der Boxen filtert Glyphosat aus dem Wasser.HSR

Durch solche Filterboxen wird das Abwasser geleitet. Das Substrat im Inneren der Boxen filtert Glyphosat aus dem Wasser.

Neue Filtermischung entwickelt

Das Team des UMTEC erprobte mehrere Substrate, wobei das beste Substrat in neuartigen Filterboxen in der Pilotanlage eingesetzt wurde. Substrate sind körnige Stoffmischungen, an deren Oberfläche sich durch chemische Prozesse zum Beispiel das Glyphosat anheftet und so den Filter nicht mehr verlassen kann. Bemerkenswert ist, dass für den Betrieb der Anlage keine weiteren technischen Komponenten benötigt werden. Bei den Tests zeigte sich, dass das neu entwickelte Substrat nicht nur das Glyphosat, sondern auch Stoffe wie Zink und Kupfer gut aus dem Abwasser entfernt. Zudem kann das favorisierte Filtersubstrat voraussichtlich viele Jahre genutzt werden, bevor es ausgetauscht werden muss. Durch eine zeitlich begrenzte Zuleitung von Wasser auf die Filterboxen lässt sich die Standzeit erhöhen. Die Technologie lässt sich auch von anderen Eisenbahngesellschaften einsetzen.

Blick in eine Filterbox: Das auf den Rückhalt von Glyphosat spezialisierte Substrat besteht aus einer körnigen Mischung verschiedener Komponenten.HSR

Blick in eine Filterbox: Das auf den Rückhalt von Glyphosat spezialisierte Substrat besteht aus einer körnigen Mischung verschiedener Komponenten.

Eine weitere wichtige Anforderung der SBB kann die getestete Substratvariante von D-Railclean ebenfalls erfüllen: Es steht in ausreichender Menge zur Verfügung (Funke Kunststoffe, Hamm-Uentrop), um in der ganzen Schweiz in entsprechenden Anlagen eingesetzt werden zu können. Das UMTEC sieht noch Verbesserungspotenzial bei der Zuleitung des Abwassers in die Filter und empfiehlt für den ersten Betriebsstandort eine Vorabtrennung für Schwebstoffe.

Die Pilotanlage zur Reinigung von Gleisabwasser filtert Glyphosat und andere unerwünschte Stoffe heraus, bevor das Wasser in umliegende Gewässer abfliesst.HSR

Die Pilotanlage zur Reinigung von Gleisabwasser filtert Glyphosat und andere unerwünschte Stoffe heraus, bevor das Wasser in umliegende Gewässer abfliesst.

Kontakt zum Projektverantwortlichen: Prof. Dr. Michael Burkhardt, Professor für Umwelttechnik.

Hochschule Rapperswil HSR

Hier präsentiert die Hochschule für Technik Rapperswil HSR Geschichten aus der Forschung. Die Artikel erschienen vorab im HSR-Magazin.
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