Das musst du wissen

  • Durch Hypnose haben Zahnarztpatienten weniger Angst und Schmerzen.
  • Durch verbale und nonverbale Kommunikation sollen die Patienten in leichte Trancezustände kommen und sich entspannen.
  • Hypnose wirkt besser als andere Entspannungsmethoden wie Musik zu hören, zeigt eine Untersuchung der Uniklinik Jena.

Die Begrüssung klingt banal. Doch die Worte, mit denen die Dentalassistentin am Empfang von Viviane Hurnis Zahnarztpraxis in Fribourg ihren nächsten Patienten begrüsst, erfüllen einen ganz bestimmten Zweck: «Bonjour! Sie haben um zehn einen Termin zur Zahnkontrolle? Darf ich ihnen den Mantel abnehmen? Kalt, dieses Wetter draussen, nicht wahr?» Alles Fragen, die man in Gedanken mit «ja» beantwortet. Dahinter verbirgt sich eine ganz bestimmte Absicht – nichts geringeres als die Hypnose des Patienten. Die Zahnärztin Hurni will mit den Fragen ein sogenanntes «Yes-Setting» schaffen. «So fühlt sich der Patient vom ersten Moment an erwartet und aufgehoben», sagt sie.

Wirksamste Methode

Hurni ist keine gewöhnliche Zahnärztin. Sie hat bei der Schweizerischen Ärztegesellschaft für Hypnose (SMSH) eine Weiterbildung in medizinischer Hypnose absolviert. Diese Art der Hypnose hat nichts mit Esoterik zu tun. Vielmehr handelt es sich hierbei um eine wissenschaftlich belegte Therapiemethode, bei der Patienten durch spezielle verbale oder nonverbale Kommunikationsformen in Trancezustände unterschiedlicher Tiefe gelangen sollen. So soll man seine Aufmerksamkeit so stark fokussieren können, dass sich zum Beispiel Wahrnehmungen wie Angst oder Schmerzen verändern lassen – Gefühle, die viele Menschen mit Zahnarztbesuchen verbinden. Tatsächlich leiden etwa 25 Prozent der Erwachsenen dabei unter Angst und psychischem Stress. Das zeigte eine Untersuchung holländischer Wissenschaftler aus dem Jahr 2009. Bei rund vier Prozent, den sogenannten Angstpatienten, steigert sich der Stress sogar zu einer ausgeprägten Zahnbehandlungsphobie. Um damit klarzukommen, eignet sich Hypnose besonders gut, wie eine Übersichtsstudie der Universitätsklinik Jena kürzlich zeigte. Für ihr Urteil werteten die Wissenschaftler 29 Studien mit insgesamt 3000 Teilnehmenden aus und verglichen verschiedene Massnahmen wie Musikhören, Entspannungsübungen oder ausführliche Information vor und während der Behandlung. Davon erwies sich Hypnose als wirksamste Methode, um den Zahnarztbesuch angstfrei zu gestalten.

Oralmedizinische Hypnose – wie die Anwendung im zahnärztlichen Bereich genannt wird – bedeutet aber nicht, sich in Trance irgendwo fernab des Zahnarztstuhls zu befinden, während Löcher gebohrt und geflickt werden. Solche direkten Hypnosen, bei denen die Patienten in tiefe Trancezustände geführt werden, seien in der Zahnmedizin sogar eher selten, sagt die Zahnärztin Ruth Besimo von der SMSH. Vielmehr gehe es um ein gezieltes Einsetzen hypnotischer Elemente, ohne den Patienten in eine tiefe Trance zu versetzen, jedoch aber in einen Zustand der Zustimmung, so dass er sich auf die Behandlung in der Praxis einlässt. Damit das funktioniert, muss das gesamte Praxisteam verstehen, wie Hypnose funktioniert. So wäre es zum Beispiel sinnlos, wenn die Assistentin bei der Begrüssung am Empfang den ängstlichen Patienten mit einem Yes-Setting in einen positiven Zustand versetzt, aber der Zahnarzt bei der nachfolgenden Behandlung sagt: «Sie müssen keine Angst haben, es wird nicht weh tun». Denn Menschen, die unter Stress stehen, hören in dieser Situation nur «Angst» und «weh tun», erklärt Besimo. Deshalb lautet die aus hypnotischer Sicht korrekte Formulierung: «Sie können ganz beruhigt sein, wir schauen, dass es ihnen gut geht».

Hypnose in der Medizin


Die Schweizerische Ärztegesellschaft für Hypnose (SMSH) verbindet Ärzte und Zahnärzte aller Fachrichtungen. Ziel der Gesellschaft ist die Pflege und Ausübung der medizinischen Hypnose und deren wissenschaftliche und praktische Förderung als medizinische Methode. Dazu bietet sie zum Beispiel Aus- und Weiterbildungen für Mediziner, Zahnmediziner, aber auch für Pflegefachkräfte und zahnmedizinische Assistenzberufe an. Gegründet im Jahr 1981, zählt die SMSH heute über 500 Mitglieder. 84 davon sind Zahnärzte. Weitere Informationen unter www.smsh.ch.
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