Das musst du wissen

  • Ein grosser Teil der weltweit vertriebenen Arzneimittel ist gefälscht.
  • Jährlich verursachen schädliche oder inaktive Inhaltsstoffe in solchen Mitteln schätzungsweise eine Million Todesfälle.
  • Die hohe Nachfrage nach Schutz- und Hygieneprodukten wegen Corona bot Kriminellen eine Gelegenheit für schnelles Geld.

Zusammen mit Patientenorganisationen, Pflegekräften, Industrie und Wissenschaft lancierte die Genfer NGO Fight the fakes im November ihre vierte Kampagne zur Mobilisierung gegen gefälschte Medikamente. Wie gross das Problem ist, zeigen Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation WHO: Ihr zufolge könnten in Ländern mit hohem Einkommen bis zu einem Prozent der erhältlichen Medikamente gefälscht sein. In Ländern mit niedrigem Einkommen betrifft es schätzungsweise eines von zehn verkauften Medikamenten. Diese Fälschungen sind der WHO zufolge eine direkte oder indirekte Ursache für eine Million Todesfälle pro Jahr.

Die Fälschungen. Der illegale Handel mit gefälschten oder qualitativ fragwürdigen medizinischen Produkten betrifft sowohl Industrie- als auch Entwicklungsländer, wenn auch auf unterschiedliche Weise.

Die Covid-19-Pandemie hat das Phänomen laut der internationalen kriminalpolizeilichen Organisation Interpol beschleunigt. Bahijja Raimi-Abraham, Mitbegründerin der NGO Fight the fakes am King’s College in London, wo sie eine Forschungsgruppe für gefälschte Medikamente leitet, bestätigt dies:

«Fehlinformationen, Verwirrung, Panik, Probleme beim Zugang zu Medikamenten, eine unzureichende inländische Produktion und ein ungleicher Zugang zu Impfstoffen haben einen günstigen Markt für Kriminelle geschaffen. Ausserdem hat die Pandemie die Menschen gezwungen, ihr Leben ins Internet zu verlagern, und dieses Vertriebsnetz ist sehr wichtig geworden.»

  • In den Ländern des Nordens ist der illegale Verkauf über das Internet – und in den USA insbesondere über soziale Medien – ein grosses Problem. Im vergangenen Juni liess Interpol über 100 000 Online-Apotheken schliessen und hat neun Millionen gefälschte Masken, Covid-Selbsttests und andere Viagra-, Schmerz- und Krebsmedikamente beschlagnahmt.
  • In den südlichen Ländern betrifft das Problem den illegalen Verkauf durch Strassenverkäufer und Apotheken ohne Lizenz.

Die britische Pharmazeutin Bahijja Raimi-Abraham fügt hinzu:

«Fälschern gelingt es auch, Apotheken mit immer besser nachgeahmten Verpackungen zu täuschen und gefälschte Medikamente einzuschmuggeln.»

Bekämpfung. Die Jagd auf gefälschte medizinische Produkte wird hauptsächlich von der WHO, Interpol und den Regierungen geführt. Doch auch die Pharmaindustrie organisiert sich zunehmend gegen dieses Phänomen, weil sie selbst Opfer davon ist. Bahijja Raimi-Abraham sagt:

«Bis 2018 wurden in den normalen Lieferketten von mindestens 62 Ländern, darunter die USA, Kanada und das Vereinigte Königreich, 42 gefälschte Pfizer-Medikamente entdeckt.»

Die meisten Pharmaunternehmen arbeiten mit Regierungen, Regulierungsbehörden, der Polizei und dem Zoll zusammen, um die Menschen vor den Gefahren des Online-Kaufs zu warnen und die verantwortlichen Kriminellen zu fassen. Einige Unternehmen wie Novartis haben jedoch ihre eigene Einheit zur Bekämpfung gefälschter Medikamente.

Die Lösungen. Es tauchen sowohl auf europäischer Ebene als auch in den Entwicklungsländern originelle Lösungen gegen diese Geissel auf. Einige Staaten wie Finnland haben Anwendungen entwickelt, die es ermöglichen, anhand eines Fotos eines Medikaments eine detaillierte Analyse der Verpackung, der Pille oder des Pulvers zu erhalten, um festzustellen, ob das Medikament echt ist oder nicht. Der Schweizer Konzern Novartis entwickelt im Rahmen des EU-Projekts Pharmaledger auch eine Blockchain-basierte Authentifizierungslösung.

In den Entwicklungsländern werden ebenfalls digitale Lösungen entwickelt, die den Menschen helfen, gefälschte Medikamente zu erkennen:

  • In Nigeria verwenden Apotheker einen Handscanner und eine mobile App des Start-ups Rxall, um mit künstlicher Intelligenz das Licht zu analysieren, das durch eine Pille, ein Pulver oder eine Flüssigkeit dringt und so festzustellen, ob es sich um ein gefälschtes Medikament handelt.
  • Das ghanaische Unternehmen Mpedigree hat eine Möglichkeit entwickelt, einen Barcode oder eine Zahlenreihe auf einer Medikamentenpackung mithilfe eines Mobiltelefons zu überprüfen.
Dieser Beitrag wurde erstmals auf Heidi.news veröffentlicht. Er wurde von Corinne Goetschel aus dem Französischen übersetzt.

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Hier gibt es Wissenswertes aus der Westschweiz. Die Beiträge stammen von unserem Partner-Portal Heidi.news, wir haben sie aus dem Französischen übersetzt. Heidi.news ist ein Online-Portal, das im Mai 2019 lanciert wurde und das sich unter anderem auf die Berichterstattung über Wissen und Gesundheit spezialisiert. Die Partnerschaft zwischen Heidi.news und higgs ist durch eine Kooperation mit dem Schweizerischen Nationalfonds SNF entstanden.
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