Das musst du wissen

  • Mit der Pollenbelastung nimmt einer Studie zufolge auch das Risiko zu, an Covid-19 zu erkranken.
  • Denn die Pollen führen dazu, dass der Körper Viren der Atemwege reduziert abwehrt.
  • Dabei spielt es keine Rolle, ob man auf Pollen allergisch ist oder nicht.
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Sie fliegen bereits herum und kitzeln in der Nase: Pollen. Das ist nicht nur ärgerlich für Allergikerinnen und Allergiker, sondern auch für die Corona-geplagte Gesellschaft, denn: Die Pollenbelastung in der Luft kann, wenn sie mit ungünstigem Wetter zusammenfällt, das Ansteckungsrisiko mit Sars-CoV-2 steigern. Zu diesem Schluss sind Forschende gekommen, welche Pollen-, Corona-, Meteo- und Bevölkerungsdaten aus 31 Ländern verglichen haben. Ihre Studie ist im Fachmagazin PNAS erschienen.

Science-Check ✓

Studie: Higher airborne pollen concentrations correlated with increased SARS-CoV-2 infection rates, as evidenced from 31 countries across the globeKommentarDies ist ein Kommentar der Autorin / des AutorsDie Datenmenge ist sehr gross und robust, was der Studie Glaubwürdigkeit verleiht. Die Korrelation zwischen Pollen und Sars-CoV-2-Infektionen kann also Hinweise geben. Das Zusammenspiel zwischen Pollenflug, Temperatur, Feuchtigkeit und weiteren Umweltfaktoren ist aber extrem komplex. Weitere Einflussfaktoren müssten beleuchtet werden. Die Resultate sollten deshalb mit Vorsicht interpretiert werden und es braucht weitere Forschung, welche die Ergebnisse bestätigt.Mehr Infos zu dieser Studie...

Den Forschenden war aufgefallen, dass die erste Covid-19-Welle in Nordeuropa genau zu jenem Zeitpunkt hereinbrach, als die Pollenbelastung mit einem täglichen Durchschnitt von 240 Pollen pro Kubikmeter ausserordentlich hoch war. Besonders in der Schweiz, wo Mitte März 2020 eine der höchsten Pollenbelastungen weltweit herrschte. Bereits siebzig Pollen pro Kubikmeter gelten bei bestimmten Pollenarten als hohe Belastung für Allergiker – 300 als sehr hoch.

Von anderen saisonalen Atemwegserkrankungen ist zudem bekannt, dass Pollen eine Rolle spielen: Sie hemmen die Immunantwort des Körpers, was ihn anfälliger für Ansteckungen macht – sowohl bei Allergikern als auch bei Nichtallergikern.

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Höhere Ansteckungsraten vier Tage nach Pollenflug

Um nun zu untersuchen, ob Pollen auch bei Covid-19 eine Rolle spielen, analysierten die Wissenschaftler die Daten von Pollenmessstationen auf der ganzen Welt. Diese stellten sie den bestätigten Ansteckungszahlen mit Sars-CoV-2 gegenüber. Dabei stellten sie fest, dass die Pollenkonzentrationen einen Effekt hatten, wenn für Pollen und Viren günstige, warme Temperaturen und Luftfeuchtigkeiten herrschten. Bei der Mehrheit der Länder korrelierte die Ansteckungsrate mit der Pollenkonzentration.

Die Forschenden untersuchten auch den potenziellen Einfluss von Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Bevölkerungsdichte und Lockdown-Massnahmen. Dabei zeigte sich, dass der Lockdown einen grossen Effekt hatte: Der Lockdown senkte die Ansteckungsraten bei ähnlicher Pollenbelastung etwa um die Hälfte.

Aber selbst in Regionen mit hartem Lockdown korrelierte die Pollenbelastung mit der Ansteckungsrate. Auch war der Zusammenhang mit Pollen umso grösser, je dichter das Gebiet besiedelt war. Im Schnitt traten die erhöhten Ansteckungswerte innerhalb von vier Tagen nach dem ausgiebigen Pollenflug auf.

Erster Einflussfaktor bleibt physischer Kontakt

Die Forschenden verglichen alle Länder, in denen ein Lockdown herrschte: Dort erklärten die Pollen, zusammen mit den Faktoren Temperatur und Luftfeuchtigkeit, durchschnittlich 44 Prozent der täglichen Unterschiede in den Ansteckungszahlen. Das zeigt: Pollen könnten das Ansteckungsrisiko erhöhen. Laut den Forschenden könnten die kleinen Partikel die Infektionsrate ohne Lockdown und in bestimmten Regionen potentiell sogar um bis zu dreissig Prozent steigern.

Aber: Sie sind nicht der einzige Einflussfaktor. «Der erste Einflussfaktor ist der physische Kontakt», sagt Athanasios Damialis, Erstautor der Studie und Leiter des Bereichs Aerobiologie am Lehrstuhl für Umweltmedizin der Universität Augsburg im Gespräch. «Pollen, vor allem jene von Bäumen, sind auch nur im Frühling Einflussfaktoren, die grosse zweite Welle vom Herbst rührt von anderen Faktoren her».

Es gab denn auch Länder, wo kein Zusammenhang zwischen Pollen und Ansteckungszahlen gezeigt werden konnte. Die Autorinnen und Autoren weisen darauf hin, dass die Mehrzahl dieser Länder extrem niedrige Pollenkonzentrationen hatten – entweder, weil es noch zu kalt war, wie zum Beispiel in Schweden. Oder, zum Beispiel bei Ländern der südlichen Halbkugel, weil es zu warm war und keine Pollensaison war.

Andere Luftpartikel wie Schadstoffe könnten ähnliche Effekte haben, wie Pollen. Dies ist aber noch nicht erforscht. Klar ist: Pollen können das Ansteckungsrisiko steigern – und zwar für alle. Die Forschenden raten daher Risikopatienten, die Pollenwerte diesen Frühling im Auge zu behalten. In der Schweiz ist das zum Beispiel auf der Webseite des Allergiezentrums möglich. Bei hohen Konzentrationen empfehlen die Forschenden, eine Maske zu tragen, wenn man unter Menschen ist. Wer aber auf weiter Flur alleine unterwegs ist und keine Allergien hat – der kann den Frühling in vollen Zügen und ohne Maske geniessen.

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