Die grosse Revision des Scheidungsrechts vor 20 Jahren sollte auch die ökonomische Gleichstellung von Frau und Mann fördern. Gemäss einer Studie der Berner Fachhochschule ist dies nur teilweise gelungen.

Das neue Recht machte Schluss mit dem Schuldprinzip: Wer sich in der Ehe etwas zulasten kommen liess, sollte nicht mehr finanziell dafür geradestehen müssen. Im Vordergrund stand jetzt, dass beide Partner rasch einen Neuanfang machen konnten. Dazu gehörte auch, finanzielle Abhängigkeiten nach der Trennung zu vermeiden: Unterhaltszahlungen sollte es nur geben, wenn sie finanziell wirklich notwendig waren. Dies, so der Gedanke, stärke die wirtschaftliche Selbstständigkeit der Frau.

Das habe sich nur bedingt bewahrheitet, sagt der Sozialwissenschaftler Dorian Kessler. Er hat für seine Studie Angaben zu Unterhaltszahlungen aus Scheidungsurteilen von 1990 bis 2008 via AHV-Nummer mit der Einkommenssituation der jeweiligen Paare verknüpft. Er stellte fest: Die wirtschaftliche Gleichstellung von Frau und Mann hat nicht im selben Mass zugenommen, wie die Unterhaltszahlungen abgenommen haben. In der Hälfte der Fälle konnte der Rückgang von Alimenten nicht damit erklärt werden, dass die Frau zum Zeitpunkt der Scheidung ein höheres Einkommen erzielt hätte als früher andere Frauen in derselben Situation.

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«Geschiedene Frauen haben heute durchschnittlich ein tieferes Haushaltseinkommen als in den Neunzigerjahren», ergänzt Kessler. Sind sie einfach nicht bereit, mehr zu arbeiten? Diese Erklärung greift für Kessler zu kurz: Hürden bei der Kinderbetreuung sowie mangelnde Berufserfahrung spielen ebenso eine Rolle wie das heute etwas höhere Scheidungsalter und der im Vergleich zu verheirateten Frauen tiefere Bildungsgrad.

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